EXTRA: queere Bildungswelten
Vielfalt leben – jeden Tag
In den Kitas »Die rosaroten Tiger« und »Die gelbgrünen Panther« lernen Kinder, dass es »normal« ist, anders zu sein. Unsere Autor*innen berichten, wie das gelingt.
Die Schwulenberatung Berlin engagiert sich seit 1981 für die psychosoziale Gesundheitsförderung queerer Menschen. Seit 2023 gehören auch zwei Kindertagesstätten zu uns – »Die rosaroten Tiger« und »Die gelbgrünen Panther« – Orte, an denen Kinder in einem vielfältigen, offenen und wertschätzenden Umfeld aufwachsen können.
Beide Kitas wurden mit der Hoffnung gegründet, Vorurteile abbauen zu können und auch den einzelnen Kindern, die sich später eventuell als LSBTI* identifizieren, den Weg in die Selbstverständlichkeit ihres vermeintlichen Andersseins zu erleichtern.
Mit diversen Teams zum Erfolg
Mithilfe unseres diversen Teams sind wir mittlerweile sicher, dass dies gelingen wird. Täglich zeigt das Team, wie »normal« Diversität sein kann und dass sie zur Gesellschaft dazugehört. Gezielt stellen wir Menschen ein, die der queeren Community angehören oder sich mit unserer Lebenswelt identifizieren können.
Das ist jedoch nicht alles – unser Team besteht aus Menschen, die von vier verschiedenen Kontinenten stammen und ihre Kulturen und Sprachen mit in die Arbeit einbringen. Vielfalt ist für uns eine Bereicherung.
Wir möchten ein vorurteilsbewusstes Umfeld für die zu betreuenden Kinder und ihre Familien schaffen. Darüber hinaus möchten wir, dass die Kinder andere Lebensweisen und -welten abseits der heteronormativen Familie kennenlernen. Das beginnt bei den täglichen pädagogischen Angeboten und endet bei Festen und Feiertagen.
In erster Linie wollen wir aber natürlich allen Kindern ein unbeschwertes und angenehmes Umfeld bieten: Bei uns wird gemeinsam gespielt, gegessen und gelacht. Wir leben in unseren Kitas das Berliner Bildungsprogramm. Im Prinzip sollte uns daher inhaltlich nichts von anderen Kitas in Berlin unterscheiden.
Kinder werden für Vorurteile sensibilisiert
Wir bekommen oft die Frage, wie wir Vorurteile abbauen. Kinder sind neugierig und offen, aber Vorurteile lernen sie früh, durch stereotype Bilder, unbewusste Zuschreibungen oder einseitige Strukturen.
Unser Ansatz setzt hier an. Wir nutzen die vier Ziele der vorurteilsbewussten Bildung: Selbstwahrnehmung, Selbstwert stärken, Empathie und Perspektivwechsel fördern, Kritisches Denken über Vorurteile anregen und Handlungsstrategien gegen Unrecht entwickeln.
Dadurch wollen wir die Kinder stärken – als Individuen, die Vielfalt schätzen, Ungerechtigkeit erkennen und aktiv dagegen handeln können.
Wir bemühen uns mit unserem Team, im Alltag einen Beitrag zu Diversität, Geschlechtervielfalt und Offenheit zu leisten – und vor allem dazu, dass sich möglichst wenige Vorurteile überhaupt erst bilden.
Das beginnt im Umgang mit den Eltern und natürlich in der Erziehung der Kinder jeden Tag. Vorurteilsfrei ist jedoch keine*r – wir bemühen uns täglich, unsere Arbeit und den gemeinsamen Umgang zu reflektieren und offen zu kommunizieren.
Musik, Natur und Geschichten
Bei uns wird ein Kita-Tag über die Woche durch regelmäßige Besuche begleitet. So kommen aktuell die Berliner Stadtmusikant*innen und musizieren mit den Kindern und Ateş von »Spielraum« macht mit den Kindern Natur erlebbar.
Egal ob in der Krippe oder im Elementarbereich – es werden Projekte zu Pflanzen und Tieren durchgeführt. Die Gartenarbeitsschule Tempelhof-Schöneberg ist dabei eine tolle Partnerin.
Mona Lisa von Allenstein aus unserem Wohnprojekt »Lebensort Vielfalt« ist ein weiteres Highlight der Woche. Es gibt immer eine interessante neue Geschichte, der die Kinder gebannt lauschen. Mona Lisa lebt seit Beginn der Gründung des Wohnprojektes am Südkreuz, ist schon etwas älter und sitzt im Rollstuhl – ein weiterer Aspekt von Diversität, dem die Kinder in sicherer Umgebung begegnen können.
Ein Ort für gesundes Lernen und Arbeiten
Doch auch allerlei Feste werden bei uns inklusiv gestaltet: Im Dezember kommt bei uns die Winterfrau und erzählt eine Wintergeschichte oder wir essen humorvoll auch mal lieber »Weckmenschen« anstelle von klassischen Weckmännern beim Laternenumzug.
Für unsere Erziehenden möchten wir die Arbeit so angenehm und interessant wie möglich gestalten. Gegen Erkältungen haben wir zwar noch kein Allheilmittel, doch unsere Vier-Tage-Woche am Kind soll die körperlich wie psychisch anspruchsvolle Arbeit langfristig ermöglichen.
Zeit für mittelbare pädagogische Arbeit und damit auch für Fort- und Weiterbildungen ist uns sehr wichtig und obligatorisch. Auch der Austausch mit anderen Teams in der Schwulenberatung Berlin liegt uns sehr am Herzen, um die Zugehörigkeit zu stärken und Synergien zu schaffen.
In unseren Kitas darf jedes Kind so sein, wie es ist – mit all seinen Interessen, Gefühlen und Träumen. Bei uns ist Vielfalt Alltag. Wir möchten, dass alle Kinder in einem Umfeld groß werden, das Akzeptanz, Toleranz und Respekt fördert. Denn nur so lernen sie, empathisch mit anderen umzugehen und Vielfalt als Bereicherung zu sehen.
Unsere Vision ist, dass Kinder später mutig für sich und andere einstehen – auf dem Schulhof, im Freund*innenkreis und darüber hinaus. Wir hoffen, dass sich noch viele weitere Kindertagesstätten auf diesen Weg begeben – und freuen uns auf alles, was wir gemeinsam mit neuen Familien erleben und gestalten dürfen.