Schwerpunkt „Am Limit. Psychische Belastungen am Arbeitsplatz“
Vom Burnout zum Neuanfang
Die Geschichte einer Lehrerin, die lernte, ihre Grenzen zu erkennen und Hilfe zu suchen.
Wenn ich von den Zeiten meines Burnouts berichte, werde ich manchmal müde belächelt oder mit völligem Desinteresse behandelt. Ich kenne aber auch Reaktionen wie Unverständnis beziehungsweise Wut darüber, dass ich die Schüler*innen hängen lassen würde.
Familie und Beruf vereinbaren
Die Wege ins Burnout ähneln sich, oft gibt es nicht nur die eine »Baustelle« im Leben der Betroffenen. Wie fing das alles bei mir an? Ich hatte zwei kleine Kinder und wenig Unterstützung. Mein Mann war selbstständig und beruflich viel unterwegs, meine Eltern verstorben, und die Schwiegermutter war ebenfalls eingebunden. Viele Termine wie Besuche der Musikschule und bei Ärzt*innen blieben an mir hängen. Anfangs erhielt ich etwas Unterstützung von meiner Schulleitung, was es mir ermöglichte, flexibler zu arbeiten. Doch diese Unterstützung ließ nach, und ich wurde unerwartet stark belastet. Wie ich heute weiß, hätte ich mit Unterstützung von Personalrat und Frauenvertreterin noch mehr für mich kämpfen können. Mein damaliger Schulleiter hat sich um »Vereinbarkeit von Familie und Beruf« gemäß dem Landesgleichstellungsgesetz (LGG) nicht gekümmert.
Nachdem ich sechs Monate ausfiel, eine Mutter-Kind-Kur machte und die Schule wechselte, ging zunächst alles besser. Ich hatte eine Schulleitung mit mehr Verständnis und Empathie, die Kinder wurden älter und selbstständiger. Das alles brachte für mich mehr Zeit und auch Entspannung. Doch bald musste ich für langzeiterkrankte Kolleg*innen und andere Ausfälle kurzfristig einspringen, was mich wieder in den Schulalltag zurückwarf. Die Arbeitsflut mit Übergangsgesprächen, Konferenzen, Elterngesprächen war für mich nicht zu leisten. Die Schulleitung wechselte, der Ton wurde rauer und das Verständnis war passé. Meine Kinder benötigten mich tagsüber, ich arbeitete abends und hatte kaum Freizeit. Ich hatte hohen Blutdruck entwickelt, der sich in ständigen Kopfschmerzen äußerte, der Tinnitus wurde jetzt chronisch, die Depression lauerte und der Zusammenbruch war da.
Dem Hamsterrad entkommen
Ich suchte Rat beim Betriebsarzt und der Betriebspsychologin. Das Erste, was sie auf meinen tränenreichen Bericht sagte: »Sie müssen da raus!«. Ich ließ mich krankschreiben. Die Erkenntnis, dass ein psychisches Problem schnell gelöst wird, war falsch. Nach einem halben Jahr riet mir meine Hausärztin zu einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) und empfahl eine Krankschreibung durch einen Psychiater, begleitet von einer Psychotherapie. Auch das SIBUZ zog ich für eine Beratung hinzu. Auf meinem Weg zum Gesundwerden nahm ich an Seminaren teil, die meine Sicht auf das Leben und die Arbeit verändern sollten. Meine Familie stand mir bei. Empfehlen kann ich an dieser Stelle das Zürcher Ressourcen Modell (ZRM). Yoga und Entspannungstechniken wurden Teil meines Alltags. Ein Seminar zur beruflichen Neuorientierung öffnete mir die Augen für notwendige Veränderungen. Es folgte ein erneuter Schulwechsel. Mittlerweile habe ich einen Grad der Behinderung (GdB) und damit Anspruch auf ein Teilhabegespräch über meinen Einsatz an der Schule. Ich habe mit Unterstützung der Beschäftigtenvertretung meinen Arbeitsplatz an meine Krankheitserscheinungen anpassen können. Heute engagiere ich mich selbst in der Beschäftigtenvertretung und habe meinen Platz im Berufsleben wiedergefunden. Mein Weg war nicht einfach, aber ich habe gelernt, auf mich selbst zu achten, Forderungen zu stellen und Veränderungen anzunehmen. Ich hoffe, dass meine Geschichte anderen Mut macht, Unterstützung zu suchen, wenn sie nötig ist.
*Der Name wurde geändert und ist der Redaktion bekannt.