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Schwerpunkt "Mehr Lehrkräfte gut ausbilden"

Von 0 auf 100 in wenigen Sekunden

Der Übergang von der Uni an die Schule ist für die meisten Lehramtsanwärter*innen ein Sprung ins kalte Wasser. Viele müssen bereits vom ersten Tag an selbstständig unterrichten.

Foto: Adobe Stock

Zwischen Uni-Abschluss und Referendariatsbeginn liegen oft nur wenige Wochen. Die Bewerbungsfristen sind hinsichtlich der Vorlesungszeiten knapp, trotz der vermeintlich generösen Nachreichfrist für Zeugnisse. Denn bereits in den Sommer- beziehungsweise Winterferien beginnen die Seminare für den Vorbereitungsdienst. Eine Woche später stecken die neuen Lehramtsanwärter*innen (LAA) mitten im trubeligen Schulalltag. Wer Glück hat, kennt die Ausbildungsschule bereits, in den meisten Fällen ist es ein Sprung ins kalte Wasser. Er beginnt mit der Vorbereitungswoche in der Schule und endet mit der unterrichtspraktischen Prüfung 18 Monate später. Viele LAA unterrichten bereits vom ersten Tag an selbstständig. Notwendige Hospitationen bei erfahrenen Lehrkräften fallen aus. Von der Theorie in die Praxis, von 0 auf 100 in wenigen Sekunden. Der eigene Erfahrungsschatz erweitert sich und der praktische Anteil ist deutlich höher als in anderen Bundesländern. Manch eine*r fragt sich, ob das nicht eigentlich auch nur ein Euphemismus für »Lehrkräftemangel« ist.

Verantwortung ja, Dienstgerät nein

Berliner Referendar*innen sind also von Anfang an maßgeblich am Erhalt von Bildung und Teilhabe, am Erhalt von Schule beteiligt. Dabei werden sie nicht selten als Lehrkräfte zweiter Klasse behandelt. Fehlt ihnen doch die Ausbildung, die Erfahrung, aber auch der Anspruch auf ein Dienstgerät. Und das obwohl nicht einmal die Hälfte der über 40.000 ausgelieferten PC von den Beschäftigten an den Schulen bislang überhaupt in Betrieb genommen wurden. Die Begründung, warum das so ist, liegt irgendwo zwischen Verwaltung und Organisation der Geräteausgabe. Schließlich sind wir doch nur 18 Monate an der Schule. Versuche des Personalrats der LAA, diesen Umstand zu ändern, sind bislang leider nicht erfolgreich gewesen. Nutzen wir stattdessen eben das gute alte Arbeitsblatt. Doch so manche*r LAA bangt um das begrenzte Kopierkontingent. Ist das erschöpft, wird der Rest privat vom Referendariatsgehalt bezahlt.

Die Ausbildung an den Schulen ist so unterschiedlich wie die Schüler*innen, die wir tagtäglich durch den Alltagswahnsinn begleiten. Die einen haben Glück, sie unterrichten in »Doppelsteckung«, haben Mentor*innen und werden die Ausbildung über fachlich und menschlich begleitet. Andere hingegen kämpfen um jedes Beratungsgespräch, um jede kopierte Seite.

Es fehlen Seminarleitungen

Neben der schulischen Ausbildung werden wir durch Haupt- und Fachseminarleiter*innen begleitet. Oft geben sie ihr Bestes, um angehende Lehrkräfte auf ihren Berufsalltag vorzubereiten. Sie organisieren ihren eigenen Schulalltag um Seminare, Beratungen, Unterrichtsbesuche und Hospitationen herum und versuchen, alles unter einen Hut zu kriegen. Doch auch vor diesem Bildungsbereich macht der Personalmangel keinen Halt. An jeder Ecke fehlt es an Seminarleitungen. Kein Wunder, da es für den deutlichen Mehraufwand nicht ausreichend Entlastungsstunden gibt.

Doch es hat auch seine Vorteile in Berlin den Vorbereitungsdienst zu absolvieren. So kann jede*r in Berlin das Referendariat in Teilzeit beginnen. Der Wechsel von Seminaren wird ermöglicht und auch die Ausbildungsschule kann bei Bedarf gewechselt werden. Vor der unterrichtspraktischen Prüfung stehen bereits 60 Prozent der Endnote fest. Der Examenstag selbst wird so entlastet.

Berliner Referendar*innen lernen die Berliner Schule von ihrer ehrlichen aber harten Seite kennen. Es ist nicht immer einfach und von Anfang an wird ein hohes Maß an Selbstorganisation und Proaktivität gefordert. Doch wer Berlin schafft, schafft alles.      

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46