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Glosse

Vorsicht Cyberangriffe

Das Berliner Bildungsystem hacken? Lohnt sich kaum.

Foto: GEW

Ich las, dass wir unsere PCs vor Cyberangriffen schützen sollen. Vor allem aus Russland und China seien Angriffe zu erwarten. Ich ergriff sofort alle Vorsichtsmaßnahmen, stellte den Virenscanner auf ein deutsches Produkt um und fühlte meine Unterrichtsmaterialien als gesichert. Die ausländischen Hacker sollen es aber vor allem auf Infrastruktureinrichtungen abgesehen haben. So wurde vor kurzem das Berliner Kammergericht erfolgreich lahmgelegt. Was würde sich also besser anbieten, als das deutsche Bildungssystem strukturell zu schwächen? Beginnend mit dem Berliner Bildungssystem. Ich stelle es mir folgendermaßen vor: Es wurde eine spezielle Hacker-Sabotagegruppe (HSG) in Moskau oder Peking oder anderswo gebildet. Dann wurden mehrere sensible Punkte identifiziert, um das Berliner Bildungssystem zu treffen.

Erstens: Den Berliner Schüler*innen sollte der Schulbesuch verdorben werden. Die HSG versuchte, Systeminformationen zu Schulgebäuden, Einrichtungen und Ausrüstungen zu hacken, um die Planungsdaten von Erhaltungsinvestitionen und Sanierungen zu löschen oder zeitlich zu verschieben. Es stellte sich jedoch heraus, dass der Zustand der meisten Gebäude bereits seit langem bedauernswert sei und Investitionen von den zuständigen Ämtern hinausgeschoben würden. Die HSG sah hier für Manipulationen keine lohnenswerte Attacke mehr gegeben.

Zweitens: Um das Berliner Bildungswesen mit hohem Migrationshintergrund langfristig zu schwächen, wollte man das Spracheingangsniveau an den Grundschulen senken. Die HSG versuchte, die Software zu knacken, die erfasst, welche Fünfjährigen zur Sprachstandsuntersuchung eingeladen werden, diese nicht bestehen und zu zusätzlichen vorbereitenden Sprachkursen geschickt werden. Man versprach sich von der Störung dieser Software einen schlechteren Sprachstand der Berliner Schulanfänger. Jedoch zeigte sich, dass von 3.000 Nicht-Kita-Kindern sowieso nur 650 an dem Sprachfördertest teilnahmen. Von den untersuchten Kindern fielen zwar 469 Kinder durch, jedoch besuchten nur 56 die Förderkurse. Von Amtsseite wurde dies alles ignoriert. Und zwar seit Jahren. Die HSG befand: Ein Cyberangriff auf die Sprachstandsfeststellung könnte die Sprachstände der Kinder nicht weiter verschlechtern.

Drittens: Die HSG-Saboteure machten sich mit Elan daran, die Einstellung einer ausreichenden Zahl von Lehrkräften zu verhindern. Knapp die Hälfte fehlender Lehrkräfte zu Beginn eines Schuljahres wurde als Zielgröße gesetzt. Das Manipulieren der Systeme zwecks Umwandelns von Zusagen in Absagen oder die Schaffung erschwerter Bedingungen für Studien- und Beschäftigungsbeginne sollten dies befördern. Aber auch hier ergaben die Recherchen der HSG, dass sie wenig zu tun hätten, da es bereits eine massive Unterversorgung von knapp 50 Prozent bei Neueinstellungen gäbe. Mittlerweile gäbe es auch kaum noch Quereinsteiger*innen, um dies auszugleichen.

Dies alles ergab, dass man am Berliner Bildungssystem nicht anzusetzen bräuchte. Um größer zu denken, wurde ein Konzept entwickelt, die gesamte Softwareplattform des Deutschen Bildungssystems mit Viren derart zu spalten, dass es kein einheitliches System mehr gäbe. Dabei sollten zugleich in verschiedenen aufgeteilten Regionen unbemerkt Schulformen, Rechtsgrundlagen und Zugangsvoraussetzungen derart manipuliert werden, dass zwischen den Regionen die Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen und die Durchlässigkeit erschwert wäre. Der HSG-Leiter hatte die geniale Vorstellung eines Flickenteppichs, angereichert durch entstehende destruktive Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Regionen und der Zentralregierung. Durch Nachforschungen ermittelte die HSG, dass es diesen Flickenteppich bereits gäbe, genannt Föderalismus. Frustriert wurde die Hacker-Sabotagegruppe aufgelöst. Einige von ihnen sollen jedoch im nächsten Jahr zur Weiterbildung »systemische Sabotage« nach Berlin geschickt werden, unterschiedlichste Verwaltungen würden sich hervorragend dafür eignen. 

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46