Hochschule
Vorsichtige Hoffnung
Berlin hat mit dem Koalitionsvertrag einen »Paradigmenwechsel in der Personalentwicklung an den Hochschulen« des Landes angekündigt und will den öffentlichen Dienst zum Vorbild für gute Arbeit machen. Das gibt den Beschäftigten Hoffnung.
Der Senat von Berlin hat mit den staatlichen Hochschulen Verträge für die Jahre 2018 bis 2022 abgeschlossen, in denen die Einrichtung eines Forums Gute Arbeit unter Leitung des Staatssekretärs für Wissenschaft und unter Beteiligung von Rektor*innen und Präsident*innen der Hochschulen, der Gewerkschaften GEW und ver.di, des akademischen Mittelbaus, der Personalräte und anderen Vertretungen der Beschäftigten vereinbart wurde. Das Forum startete mit seiner konstituierenden Sitzung am 2. Juli 2018. Die eingeladenen Arbeitgeber*innen blieben der Veranstaltung fern. Dafür konnten sich die anderen Beteiligten schnell über die Ziele des Forums verständigen. Im Unterschied zu Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfallen und Sachsen, die bereits abgeschlossene Vereinbarungen zur Guten Arbeit in der Wissenschaft vorzuweisen haben, soll das Berliner Forum Gute Arbeit eine Dauereinrichtung werden und nicht nur Empfehlungen zur Verbesserung der Beschäftigungsbedingungen machen, sondern auch ihre Umsetzung begleiten. Die Ankündigung des Staatssekretärs Krach, dieses neue Format besser als andere Länder auszugestalten, hat die Anwesenden überrascht und zugleich erfreut.
Rhetorik rechtfertigt nicht Prekariat
Die dennoch vorsichtige Hoffnung, dass dieses Projekt der rot-rot-grünen Koalition ernsthaft betrieben wird, beruht darauf, dass bereits in den Hochschulverträgen für die Jahre 2014 bis 2018 das Land die Hochschulen zur Verbesserung der Situation von befristet Beschäftigten verpflichtet hatte. Obwohl die Forderungen sehr moderat waren, sind sie in vielen Punkten und an manchen Hochschulen gar nicht erfüllt und von der Senatsverwaltung auch nicht kontrolliert worden.
Insbesondere das befristete wissenschaftliche Personal arbeitet in Unsicherheit und enormer Abhängigkeit von den Professor*innen, die zu den »Sonnenkönig*innen« des Systems gehören. Die übliche Rhetorik, dass zu viele Menschen eine Professur anstreben, aber nur ganz wenige eine kriegen können, verschleiert die Misere der unbezahlten Arbeit, insbesondere der Lehre. Die Willkür der Umwandlung der ganzen Stellen in halbe oder Zwei-Drittel-Stellen bedeutet, dass die gleiche Arbeit für viel weniger Geld verrichtet wird. Hier müssen die Mindeststandards der Beschäftigung deutlich korrigiert werden. Die haushaltsfinanzierten Qualifizierungsstellen zur Promotion sollten einen Umfang von mindestens Zwei-Drittel-Stellen besitzen und nach der Promotion sollten nur Beschäftigungsangebote im Umfang einer vollen Stelle gemacht werden. Zu verhindern gilt es auch, dass aus den Haushaltsmitteln der Hochschule den bereits promovierten Mitarbeiter*innen Stipendien statt sozialversicherungspflichtige Verträge angeboten werden. Die befristeten Verträge für die Promotion sollten mindestens für drei Jahre abgeschlossen werden, unabhängig davon, wann ein*e Lehrstuhlinhaber*in aus dem Dienst ausscheidet. Statt der Zuordnung der wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen zu einem Professor oder einer Professorin fordert die GEW schon lange mehr Eigenständigkeit und bessere Ausstattung mit den notwendigen Ressourcen für Forschung und Lehre im Mittelbau, was durch eine Fachbereichs- beziehungsweise Departmentstruktur realisiert werden könnte. Nach der Promotion sollten Arbeitsverträge von mindestens fünf Jahren angeboten werden. Dabei müssen die Regeln zur Vertragsverlängerung berechenbar und transparent sein.
Dies ist nicht nur für Beschäftigte mit Kindern von enormer Bedeutung. Eine familienfreundliche Hochschule kann nicht auf ein Kinderfest mit Hüpfburg reduziert werden, sondern muss die arbeitenden und studierenden Eltern in den Kernbereichen ihres Hochschullebens unterstützen. Auch diesen Punkten wird sich das neue Forum Gute Arbeit widmen. Ein Dialog auf Augenhöhe hat begonnen. Das Handeln darf nicht mehr lange auf sich warten lassen!