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Schule

Warum gute Fortbildungen dringend notwendig sind

Lehrkräfte sollen sich stetig fortbilden, doch die Angebote lassen oft zu wünschen übrig. Die Gründe hierfür sind verschieden.

Foto: Adobe Stock

Eine Forsa-Umfrage zum wichtigen Fortbildungsthema »Inklusion« ergab folgende Auswertung: Nur jede 15. Person findet das Angebot (sehr) gut. Jede*r Zweite beurteilt das Angebot als mangelhaft oder ungenügend. Dies ist bedenklich und führt auch dazu, dass fast nur jede sechste Regelschullehrkraft an Fortbildungen zu Inklusion teilnimmt. Das wäre aber dringend notwendig und es ist kein gutes Ergebnis für Fortbildungsmaßnahmen. In vielen anderen Bereichen sieht es nicht besser aus. Deshalb muss darüber nachgedacht werden, warum Fortbildungen kaum besucht werden, immer wieder sogar aufgrund fehlenden Interesses ausfallen und, wie in dem Beispiel zur Inklusion aufgeführt, auch immer wieder schlechte Beurteilungen bekommen.

Wie aber definiert man nun gute und damit wirksame Fortbildungen? Die Bertelsmann Stiftung sagt dazu: »Wirksam bedeutet, dass die Fortbildungen wissenschaftlich belegt zur Weiterentwicklung wichtiger Kompetenzen von Lehrpersonen beitragen und/oder sich positiv auf die Weiterentwicklung des Unterrichts und auf das Lernen von Schüler*innen auswirken.« Von hohem Wert ist bei der Beantwortung der Frage auch die Tatsache, dass gute Fortbildner*innen wichtig sind, denn nicht jede gute Lehrkraft ist automatisch eine gute Fortbildungskraft in der Erwachsenenbildung.

 

Die Lehrer*innenfortbildung steht im Schatten

 

Obwohl sich die Lehrkräftebildung in drei Phasen gliedert – Lehramtsstudium, Referendariat und Lehrer*innenfortbildung – »stehe die dritte Phase im Schatten der ersten beiden«, sagt Peter Daschner, der ehemalige Direktor des Hamburger Landesinstituts für Lehrer*innenbildung und Schulentwicklung und Leiter der Studie, die im Frühjahr 2019 unter dem Titel »Lehrkräftefortbildung in Deutschland. Bestandsaufnahme und Orientierung« erschienen ist. Auch das Deutsche Schulportal stellte im Februar letzten Jahres fest: »Deutschland legt im internationalen Vergleich sehr viel mehr Wert auf die Erstausbildung und leider deutlich weniger Wert auf die Fortbildung der 800.000 Lehrkräfte im Dienst.« Wie viel Geld die Länder für die Fortbildung der Lehrkräfte bereitstellen, lässt sich nur schwer feststellen. Die Pro-Kopf-Ausgaben schwanken je nach Bundesland zwischen 92 Euro und 611 Euro, wie Zahlen aus dem Jahr 2014 zeigen. Die enormen Unterschiede lassen sich zum Teil damit erklären, dass die Länder solche Fortbildungen unterschiedlich definieren. So rechnete das Bundesland mit dem höchsten Wert einfach die Ausgaben für das Referendariat hinzu. Aus den Daten des Statistischen Bundesamtes ergibt sich jedenfalls: Die Ausgaben für Fortbildungen sind zwischen 2002 und 2015 um zehn Prozent gesunken, während die Ausgaben für die Schulen insgesamt um 36 Prozent gestiegen sind. Zu wenig finanziert sei diese wichtige Aufgabe in Deutschland in jedem Fall, konstatieren die Autor*innen der Studie von Daschner. Die Bertelsmann Stiftung spricht von einer »Unterfinanzierung des Fortbildungsbereiches«.

Es gibt wenig Austausch der Bundesländer untereinander, weshalb es an Transparenz und Vergleichbarkeit fehlt. Es gibt keine regelmäßige und öffentliche Berichterstattung über Angebote, Nachfrage, Teilnehmende, Formate, Kosten und Effekte. Zudem tauschen sich die meisten Bundesländer fast gar nicht zum Thema Lehrkräftefortbildung aus. Eine verbindliche Zusammenarbeit findet nicht statt.

Doch auch Lehrkräfte lernen nie aus: Zahlreiche bildungspolitische, fachdidaktische, pädagogische oder inhaltliche Veränderungen wie zum Beispiel Bildungs- und Lehrpläne, eine sich verändernde Schüler*innenschaft und Gesellschaft, eine sich stark verändernde digitale Bildung und vieles mehr fordern von Lehrkräften, sich regelmäßig weiterzubilden. Lehrkräfte müssen sich immer wieder in ihrem Berufsleben solchen neuen Herausforderungen stellen und fortlaufend weiterqualifizieren. In allen Bundesländern existieren entsprechende Bestimmungen, die aber zumeist nur als ein Recht auf Fortbildung aber nicht als Pflicht dazu formuliert ist. Überhaupt ist es nur in vier Bundesländern festgelegt, wie viele Stunden pro Jahr die Lehrenden für die Fortbildung aufwenden müssen. Das sind Berlin, Hamburg, Bremen und Bayern. In den anderen Bundesländern gibt es eine »Soll-Verpflichtung«.

 

Neue Formate und Bedürfnisse nach Corona

 

In einer Befragung der Forsa Politik- und Sozialforschung GmbH mit über Tausend Lehrkräften hat sich im Juni 2021 ergeben, dass Lehrkräfte ihren eigenen Angaben nach verschiedenste Fortbildungsaktivitäten nutzen. So geben 72 Prozent an, hierzu Fachliteratur offline mehrmals gelesen zu haben. Zwei Drittel taten dies mehrmals online. Zudem haben sogar 65 Prozent mehrmals Online-Kurse besucht. Von den Lehrkräften, die seit weniger als fünf Jahren unterrichten, geben rund zwei Drittel an, dass sie in den vergangenen zwei Jahren ihren Unterricht durch Kolleg*innen beobachten ließen. Auch, wenn diese Befragungswerte sicherlich unter Corona-Bedingungen erhoben wurden, sollte die Häufigkeit und die positiven Rückmeldungen dazu zum Nachdenken bringen, diese Formate auch nach der Pandemie zu berücksichtigen.

Unterschiedliche Altersgruppen und Lehrämter haben unterschiedliche Fortbildungsbedürfnisse. Gymnasiallehrkräfte besuchen eher Fortbildungen zu Fachinhalten, Fachdidaktik sowie Kenntnis des Lehrplans, Grund- und Förderschullehrkräfte häufig zum Verhalten von Schüler*innen und Klassenführung. Lehrkräfte an Förderschulen besuchen zu drei Vierteln Fortbildungen zum Unterrichten von Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

Jüngere Lehrkräfte geben wesentlich häufiger als ältere an, dass sie vermehrt Fortbildungen zu Fachinhalten oder Fachdidaktik und zum Verhalten von Schüler*innen besuchen.

Wichtige immer wiederkehrende bildungspolitische Neuerungen müssen oftmals relativ schnell von den Fortbildungsinstituten umgesetzt werden und dies in oftmals kurzen Fortbildungen, wo Lehrkräfte für eine kurze Zeit in Präsenz zusammenkommen, da eintägige Fortbildungen meist der Standard sind. Wobei doch eigentlich klar ist, dass nur in längerfristig angelegten Fortbildungen anspruchsvolle Inhalte und praktische Umsetzung verinnerlicht werden können. Hinzu kommt die Wichtigkeit, das Erlernte im eigenen Unterricht anwenden und ausprobieren zu können.

Fortbildungen sind unabdingbar: Bildungspolitische Veränderungen, ein enges Zeitfenster in der Lehrkräfteausbildung und gesellschaftliche und wissenschaftliche Veränderungen erfordern unabdingbar eine stetige gute Lehrkräftefortbildung, die Qualitätskriterien aufweisen muss. Über diese werde ich in der nächsten bbz berichten.        

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
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