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bbz 12 / 2019

Wer war Lotte Eifert?

Erinnerung an eine Berliner GEW-Aktivistin in der Nachkriegszeit

Lotte Eifert gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Berliner GEW, die damals noch BVL (Berliner Verband der Lehrer und Erzieher) hieß. Dort war sie bis 1962 in unterschiedlichen Positionen im Vorstand aktiv und parallel bis zu ihrer Pensionierung in Jahr 1975 außerdem als Personalrätin in Wilmersdorf und Wedding. Im Dezember 1985 wurde Lotte Eifert bei einem Pensionärstreffen der Gewerkschaft zum Ehrenmitglied ernannt.

Lotte Eifert war aber auch Schulleiterin der heute nicht mehr existierenden Weddinger Ranke-Oberschule. Brigitte Burchardt schreibt in ihrem Bericht über die Ehrung: »In ihrer Funktion als Schulleiterin bewies sie nach Aussage ihrer ehemaligen Kollegen Rückgrat, Standvermögen und eine unbürokratische Haltung. Es musste schon einmal ein Schulrat unverrichteter Dinge wieder gehen, wenn er es nicht für nötig hielt, sich vorher bei Kollegin Eifert anzumelden.« In den 70er Jahren sei die Schule als »Rote Ranke« bekannt gewesen: »Das lag zum einen daran, dass sich Lotte Eifert insbesondere für Problemschüler einsetzte, für Schüler die an anderen Schulen scheiterten. (…) Zum anderen war die Ranke-Schule im Hinblick auf Unterrichtsorganisation und -inhalte ihrer Zeit voraus. In Zusammenarbeit mit einem Teil der Lehrer- und Schülerschaft erarbeitete Lotte Eifert Anfang der 70er Jahre in Wochenendseminaren den Modellversuch »Erste Prima« für die gymnasiale Oberstufe der Ranke--Schule.« (Februar-blz 1986)

Lotte Eifert wird 1912 in Berlin geboren, legt 1931 ihr Abitur ab und studiert anschließend Mathematik und Biologie. Wegen ihrer jüdischen Herkunft muss sie das Studium abbrechen, arbeitet dann als Buchhalterin und Stenotypistin, bis ihr selbst diese Tätigkeit untersagt wird und sie 1941 zur Zwangsarbeit in die Dreherei und Fräserei der Firma Zeißlkon muss. Schon 1940 war ihr Vaters gestorben, im Dezember 1941 holt die Gestapo ihre Mutter ab und verschleppt sie nach Auschwitz. Lotte Eifert ist jetzt 30 Jahre alt und soll im Rahmen der sogenannten Fabrikaktion 1943 ebenfalls deportiert werden. Sie taucht unter und lebt illegal zwei Jahre bis zum Ende des Krieges 1945 in Berlin. Ihren Lebensunterhalt verdient sie in dieser Zeit durch Unterrichten und durch kaufmännische Arbeiten. Im biografischen Lexikon über den Widerstand in Berlin gegen das NS-Regime (Trafo Verlag Berlin 2015) wird aufgeführt, dass sie in der Westfälischen Straße 62 bei Ernst Schneider ein Versteck findet sowie auf dessen Wochenendstück in Michendorf. Auch in der Schweidnitzstraße 6 findet sie bei der Familie Schwarz zeitweise einen Unterschlupf. Wenige Häuser weiter versteckt sich auch Inge Deutschkron mit ihrer Mutter. In ihrem zuerst 1978 erschienenen Buch »Ich trug den gelben Stern« schildert sie, dass Frau Schwarz sie gebeten habe, Lotte Eifert zu helfen. Deutschkron erzählt dann weiter, dass diese sich auf eine Anzeige gemeldet habe, »in der eine Hauslehrerin in Potsdam gesucht wurde. Sie erhielt eine Stellung, verbunden mit einem Zimmer in dem noch bombensicheren Potsdam. Dort fühlte sie sich wohl und sicher, zumal sich herausstellte, dass der Vater der Kinder, die sie betreuen musste, der SS angehörte.« (dtv-Ausgabe 1995, Seite 135)

Gleich nach Kriegsende meldet sich Lotte Eifert beim Schulamt Wilmersdorf und fängt ab August 1945 an der Friedrich-Ebert-Schule als Hilfslehrerin an.

Bei dieser Anstellung und bei ihrer weiteren Karriere wird sie von den Schulämtern wegen ihrer Verfolgung in der Nazizeit besonders gefördert. Die Jahre zwischen 1936 und 1938 werden als ihre Vorbereitungszeit anerkannt, die Jahre zwischen 1938 und 1952 als Dauer ihrer Assesorinnnenzeit festgelegt. Im Jahr 1952 wird sie dann zur Studienrätin ernannt.

Und sie wird 1959 Schulleiterin, indem man sie aus dem Status der Studienrätin gleich zur Oberstudiendirektorin befördert. Im Jahr 1971 bittet die inzwischen 59-Jährige um Dienstbefreiung für die Teilnahme an einem Seminar der Firma Nixdorf in Paderborn mit dem Thema »Einführung in den computergesteuerten Unterricht und die didaktische Programmierung«.

Im Juni 1991 spricht sie noch mit Ulrike Mietzner über ihre Tätigkeit beim »Ausschuss für verdrängte Lehrer«, einer Hilfsorganisation für geflüchtete Lehrkräfte. Mietzner verwendet die Auskünfte für ihr Dissertation »Enteignung der Subjekte – Lehrer und Schule in der DDR«. Am 3. Mai 1993 stirbt Lotte Eifert im Alter von 81 Jahren.

Dania Dittgens 2016 erschienene Dissertation »West-Berliner Lehrerinnen zwischen Kontinuität und Neuanfang« erinnert 23 Jahre später noch einmal an Lotte Eifert. Dittgen hat dafür sowohl die Personalakte als auch das GEW-Archiv ausgewertet.

Wer weitere Informationen oder Fotos von Lotte Eifert hat, melde sich bitte bei der Redaktion.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
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