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Tendenzen

Wie Deutschland zur Heimat wurde

60 Jahre nach dem Deutsch-Türkischen Anwerbeabkommen erzählen Kinder türkischer Gastarbeiter*innen ihre Erfolgsgeschichten.

Özcan Mutlu (2022): Wie Deutschland zur Heimat wurde.

In 27 Porträts stellt Özcan Mutlu, der Herausgeber des Buches »Wie Deutschland zur Heimat wurde«, Menschen mit türkischem Hintergrund vor, die es trotz vieler Hindernisse geschafft haben, erfolgreich ihren Lebensweg zu gehen und berichtet, wie Deutschland für sie zur Heimat wurde.

Zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei wurde kurz nach dem Mauerbau zwischen den beiden Teilen Deutschlands am 30. Oktober 1961 ein Abkommen zur Anwerbung von Arbeitskräften, in der Regel Fachkräften, unterschrieben, das den Beginn der Einwanderung markierte.

Die erste Generation legte das Fundament für die Entwicklung der Lebensbedingungen für die zweite Generation. Namenlose Held*innen haben seit den 1960er Jahren als Gastarbeiter*innen schwer gearbeitet und für die jüngeren Generationen den Weg in eine neue Heimat geebnet. Im Vorwort schreibt der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier »Sie alle haben unsere Gesellschaft bereichert. Sie alle sind ein Teil von Deutschland! Sie alle gehören zu uns.«

 

»Das Mädchen hat das Zeug zum Gymnasium.«

 

In den Erfolgsgeschichten in dem Buch findet sich mindestens eine Lehrerin oder ein Lehrer wieder, die die türkischen Schüler*innen gefördert haben, ihnen Mut zum Lernen gemacht haben. Sie hatten oft selbst eine Einwanderungsgeschichte und sie waren mitfühlende Menschen. Doktor Dilek Gürsoy beispielsweise, die keine Empfehlung fürs Gymnasium bekam, hatte das Glück, einem solchen Pädagogen zu begegnen. Herr Bisping, der Leiter ihres Kindergartens, dessen Beruf Gymnasiallehrer war, nahm ihren Fall selbst in die Hand. Er sagte dem Direktor eines Gymnasiums: »Das Mädchen hat das Zeug fürs Gymnasium, es wäre eine Schande, wenn ihr die Chance verwehrt würde.« Heute ist sie eine bekannte Ärztin, die als Erste in Europa ein Kunstherz implantiert hat.

Aber natürlich gab es auch Lehrer*innen, die wegen ihrer Vorurteile Schüler*innen türkischer Herkunft Hindernisse in den Weg legten. Das Buch beschreibt herzzerreißende Geschichten: Von Ablehnung und Ausgrenzungen, von Mut und Zuversicht, von Kampfeswillen und großartigen Erfolgen.

Kinder, deren Familien Einwanderungsgeschichten haben, brauchen positive Vorbilder. Daher müssen erfolgreiche Menschen sichtbar sein, überall in der Gesellschaft. Schon auf dem Klappentext des Buches werden einige der bekannten Namen genannt: »Die Eltern schufteten in Schächten, Gießereien, Fabriken, die Kinder wurden Oberbürgermeister oder Professorin, Ministerin oder Unternehmer. Sie heißen Uğur Şahin und Özlem Türeci, Aygul Özkan und Belit Onay, Damla Hekimoglu und Ali Güngörmüş, Yasemin Karakaşoğlu und Ali Lacin. Sie prägen unser Land, so wie einst ihre Eltern, die als Gastarbeiter*innen nach Deutschland kamen.«

Ich bin jetzt 78 Jahre alt, über 30 Jahre lang habe ich an einer Grundschule in Spandau unterrichtet. Ich wünsche mir sehr, dass dieses Buch bei meinen jüngeren Kolleg*innen Interesse findet und darüber diskutiert wird. Die Geschichten helfen uns heute zu verstehen und aus den Fehlern zu lernen und es in der Zukunft besser zu machen.        

 

Özcan Mutlu (2022): Wie Deutschland zur Heimat wurde, Sonderausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, 247 Seiten, 4,50 €

 

Der Gewinn aus dem Verkauf des Buches, das durch die Mercator-Stiftung und die IG Metall unterstützt wurde, wird für die Ausbildung von Mädchen verwendet, deren Eltern arm sind.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46