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Arbeitszeit von Lehrkräften

Wir können uns nicht länger ein System leisten, das so ineffizient ist

Im Auftrag der Deutschen Telekom Stiftung hat der ehemalige Berliner Bildungsstaatssekretär und jetzige Strategieberater Mark Rackles untersucht, ob das Modell der Lehrkräftearbeitszeit in Deutschland den heutigen Anforderungen noch gerecht wird.

Der Autor: Mark Rackles, Foto: GEW/C.Bauermeister

In der Studie arbeitet Rackles auf der Grundlage des aktuellen Forschungstandes heraus, welche Faktoren das Modell für die Lehrkräftearbeitszeit derzeit unter Veränderungsdruck setzen und welche Alternativen es gibt.

Das in Deutschland übliche Deputatsmodell der Lehrkräftearbeitszeit sei ungerecht, unflexibel, ineffizient und fördert ungesehene Mehrarbeit und Belastung, urteilt er. International stehe Deutschland mit die­sem System allein da. „Das deutsche Modell ist seit 150 Jahren gültig und schlicht aus der Zeit gefallen“, sagte der Geschäftsführer der Telekom Stiftung, Ekkehard Winter. Wie die Studie am Beispiel von Österreich, Dänemark, Japan, Spanien, der Schweiz und den USA zeige, arbeiten die meisten Länder mit Mischfor­men, die etwa Unterrichts­- sowie Gesamt­arbeitszeit klar vorgeben.

Im OECD­-Vergleich ist die Arbeitszeit deutscher Lehrkräfte überdurchschnittlich hoch, der Unterrichtsanteil dagegen bis zu 13 Pro­zentpunkte geringer als der internationale Durchschnitt.

Insgesamt lasse sich mit einer umfassenden Reform der Arbeitszeitmodelle die Attraktivität des Berufsfeldes erhöhen – für Berufsanfän­ger*innen, aber auch für Lehrkräfte, die im Beruf stehen und unter den hohen Belastungen leiden.

Ein besseres Arbeitszeitmodell, das mit den Mängeln des bisherigen aufräumt, sollte aus Sicht von Rackles mehrere zen­trale Voraussetzungen erfüllen:

  • eine Jahresarbeitszeit als Bemessungsgrundlage
  • eine Differenzierung nach Schulstufen und Fächern
  • eine Definition von Aufgaben und Zeiterfordernissen
  • Globale Zeitbudgets und konkrete Personalplanung vor Ort
  • sowie starke Schulleitungen

Die Rackles-Untersuchung legt den Finger in die Wunde, sie ist ein weiterer Weckruf für die Kultusministerkonferenz: Das derzeitige Pflichtstunden-Arbeitszeitmodell führt tendenziell zur Überlastung der Lehrkräfte, da diesen immer neue Aufgaben aufgebürdet werden, ohne dass sie an anderer Stelle entlastet werden“, so Daniel Merbitz, GEW-Vorstandsmitglied Tarif- und Beamtenpolitik.

Die schlechten Arbeitsbedingungen schaden der Attraktivität des Berufes und verschärfen den Lehrkräftemangel. „Wir brauchen neue Konzepte, damit sich wieder mehr junge Menschen für den Lehrkräfteberuf entscheiden. Hierfür gibt die Rackles-Studie wichtige Hinweise“, erklärte Merbitz in einer Pressemitteilung.

Rackles analysiere richtig, dass das Deputatsmodell tendenziell dazu führt, Lehrkräften Aufgaben aufzuladen, die auch andere Berufsgruppen erledigen können. Dies werde möglich, weil der Arbeitgeber nicht gegenrechnen muss, wie viele Unterrichtsstunden ihn beispielsweise Verwaltungstätigkeiten oder IT-Aufgaben kosten, da er den Lehrkräften diese „on top“ und kostenlos auftragen kann. „Auch wenn nicht-lehrendes Personal an Schulen eingestellt wird, kostet das Geld, das zusätzlich investiert werden muss“, so Merbitz abschließend.

 

Vorschlag für ein neues Modell: Verteilung von Arbeitszeit und -tätigkeiten nach Wochenarbeitszeit. Quelle: Telekom Stiftung