Willkommen in der Kita
Wir müssen das schaffen
Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration liegt in der Kommunikation. Daher braucht es SprachmittlerInnen, Fortbildungen und Kreativität.
Spätestens mit dem neuen Kitajahr sind geflüchtete syrische Kinder in den Berliner Kitas zum Thema geworden. Die Flüchtlingskrise aus dem fernen Italien und noch ferneren Griechenland hat auch uns erreicht. Die Geflüchteten werden in den Turnhallen unserer Nachbarschaft notuntergebracht. Und wenn man unumgänglich in seinem Arbeitsalltag damit konfrontiert wird, was der Ausspruch »Wir schaffen das!« bedeuten könnte, denkt man pragmatisch und formuliert ihn um: »Wir müssen das schaffen!« Der positive Wahlslogan wird durch eine Durchhalteparole ersetzt. Dieser Realismus ergibt sich durch die Konfrontation mit nicht aufhörenden Problemen. Die Willkommenskultur ist gerade auf dem besten Weg zum OneHitWonder.
Im KitaAlltag liegt schon im ersten Schritt, der Kommunikation, die erste Hürde: Arabisch ist unter Kitafachkräften nicht weit verbreitet. Zum Glück helfen oft arabischsprachige Eltern bei der Anmeldung oder bei Notfällen während der Eingewöhnung. Aber das Gros der Gespräche wird mit Behelfsmitteln wie Wörterbüchern geführt. Die professionellen DolmetscherInnen fehlen im Alltag, sind für eine zweiwöchige Eingewöhnung zu teuer. Nur in Ausnahmefällen werden sie zum Elterngespräch dazu geholt. Die für unsere Arbeit so wichtige Erziehungspartnerschaft kann somit aufgrund der sprachlichen Barriere nicht in vollem Umfang erfolgen. Damit ergeben sich auch für die Kinder Schwierigkeiten bei der sozialemotionalen Öffnung für ihre neue Lebenssituation, denn auch sie merken den holprigen Umgang der Erwachsenen miteinander.
Erleichterung durch Fortbildungen
Den Kitafachkräften fehlen Erfahrungen und Kenntnisse im Umgang mit Geflüchteten. Leider gibt es hierzu bisher keine Fortbildungen und viele verlassen sich im Arbeitsalltag auf ihr Bauchgefühl. Ohne dieses Bauchgefühl und unsere sonstige Berufserfahrung wären wir mit noch mehr Schwierigkeiten konfrontiert. Doch das Bauchgefühl kann irren: Vielleicht reagieren wir hypersensibel auf auffällige Verhaltensweisen, wie die Angst vor Hunden, und setzen diese in Zusammenhang mit der Flucht. Andere Verhaltensweisen können wir oft gar nicht erst in Zusammenhang mit der Flucht bringen. Der hastige Verzehr von Mahlzeiten sei hier nur als ein Beispiel erwähnt. Wir Kitafachkräfte können keine Traumata therapieren. Dies erlernen wir auch nicht mit dem Besuch einer Fortbildung. Dennoch dürften Fortbildungen, die Flucht und Migration aus Syrien thematisieren, uns in unserer Arbeit helfen. Sie erleichtern uns die Arbeit und ermöglichen es uns, die Kinder und ihre Eltern bei der Rückgewinnung eines sorgenfreien Alltags zu unterstützen.
Willkommenskultur braucht Gestaltung
Es bedarf einer effektiveren Vernetzung innerhalb der Träger und auch trägerübergreifend, um Erfahrungen und Informationen schneller auszutauschen. Dies kann über die Leitungskräfte in den Einrichtungen erfolgen. Sofort notwendig ist ein ErsteHilfeOrdner mit den wichtigsten Telefonnummern, darunter ein Pool von flexiblen DolmetscherInnen. Dafür werden sowohl personelle als auch finanzielle Ressourcen benötigt. Nur so ist es möglich, die sprachlichen Barrieren zu überwinden.
Eine andere spannende Möglichkeit zur Integration könnte darin bestehen, geflüchteten Eltern anzubieten, kleinere Tätigkeiten in benachbarten Kitas oder Schulen zu übernehmen. Leider würde dies momentan an den behördlichen Hürden scheitern. Dabei ist niemandem geholfen, wenn die Eltern in den Flüchtlingsunterkünften nichts als warten. Wenn wir die Eltern mit einbeziehen, dann profitieren alle davon. Die angespannte personelle Lage an Kitas und Schulen erführe Entlastung. Die Eltern könnten sich wieder in Aufgaben verwirklichen und nebenbei die Sprache erlernen. Nicht zuletzt baut ein gemeinsames Anpacken auch Ängste ab. Dies gilt sowohl für die Geflüchteten in einer neuen, noch fremden Heimat, als auch für die Menschen vor Ort, die so die noch Fremden kennenlernen könnten. So sollte Willkommenskultur aussehen.Wir müssen das schaffen. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration liegt in der Kommunikation. Daher braucht es SprachmittlerInnen, Fortbildungen und Kreativität.