Standpunkt
Wir sind kein Irrtum
Ausgerechnet bei Erzieher*innen im »Brennpunkt« setzt der Senat den Rotstift an.
Am 28. Mai erhielten 34 Erzieher*innen unserer Schule einen Brief von Senatorin Günther-Wünsch. Wir seien nun keine »Erzieher*innen in besonders schwieriger Tätigkeit« mehr, unsere Höhergruppierung sei ein Irrtum gewesen. Wir waren geschockt. 293 Erzieher*innen an 29 »Brennpunktschulen« erhielten diesen Brief. Die Konsequenz ist jetzt, dass wir ab dem 1. Oktober 2024 aus der Entgeltgruppe S 8b in die S 8a herabgruppiert werden. Im Dezember 2018 hatte das Abgeordnetenhaus entschieden, dass Lehrer*innen und Erzieher*innen an »Brennpunktschulen« eine höhere Vergütung erhalten. Dies sollte helfen, Fachkräfte in den »schwierigen« Kiezen der Stadt zu halten und zu gewinnen. Voraussetzung für die »Brennpunktzulage« war, dass an der jeweiligen Schule der Anteil der Schüler*innen mit Anspruch auf Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) mindestens 80 Prozent beträgt. Lehrkräften wird seitdem eine Zulage von 300 Euro bezahlt, wir Erzieher*innen wurden aufgrund der »besonders schwierigen Tätigkeit« eine Entgeltgruppe höhergruppiert. Die GEW hatte den damaligen Staatssekretär Rackles gewarnt, Erzieher*innen gekoppelt an den »Brennpunktstatus« höherzugruppieren. Denn bei Verlust dieses Status lässt der Tarifvertrag nur eine Umsetzung oder eine Herabgruppierung zu. Viele Betroffene verlieren durch Herabgruppierungen mehrere Jahre in der Stufenlaufzeit. Die GEW fordert stattdessen eine Zulage, die nach TV-L möglich ist, aber auf die Gewerkschaft wurde nicht gehört. Der Unmut über die Regelung wurde groß, als einige Schulen ihren »Brennpunktstatus« verloren und die Kolleg*innen dadurch hohe finanzielle Verluste erlitten. Über mehrere Jahre hat die Senatsverwaltung nicht gewusst, wie sie mit diesem Problem umgehen soll, weshalb sie neueingestellte Kolleg*innen seit 2021 wieder in die S 8a eingruppiert. Die Lösung der Senatsverwaltung ist es nun, die Höhergruppierung ersatzlos zu streichen. Wenn man den Brief der Senatorin liest, merkt man, dass die damalige politische Absicht der Stärkung der »Brennpunktschulen« überhaupt keine Rolle mehr spielt. Es geht nicht darum, die tarifrechtlichen Probleme zu lösen, sondern den Rotstift bei »Brennpunktschulen« anzusetzen. Erst bei den Erzieher*innen, dann auch bei den Lehrkräften?
Die Schulen in besonders herausfordernder Lage brauchen ganz klar mehr Unterstützung. Denn die Kinder und Jugendlichen sind hier auf viel mehr Zuwendung und Förderung angewiesen. Nicht nur für uns Erzieher*innen, sondern für das ganze Personal müssen die Arbeitsbedingungen attraktiver gemacht werden. Durch den Wegfall unserer Höhergruppierung passiert genau das Gegenteil. Bei uns überlegen deswegen Kolleg*innen, die Schule zu verlassen. Das wird langfristig Folgen für die Bildungs- und Erziehungsarbeit an unserer jetzt schon unterbesetzten Schule haben. Die meisten von uns haben sich bewusst entschieden, an einer »Brennpunktschule« zu arbeiten und wollen dafür auch eine materielle Anerkennung. Wenn diese nicht in Form einer Höhergruppierung möglich ist, erwarten wir eine tarifliche Zulage, wie sie die GEW seit Jahren fordert. Dafür kämpfen wir! (siehe Artikel “Erzieher*innen protestieren gegen Kürzungen”)