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Schwerpunkt "Ankommen nach der Flucht"

Wohnraum für Geflüchtete

Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) ist in Berlin für die Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten verantwortlich. Auch wenn die Qualität laufend verbessert wird, sind diese Wohnformen kein Ersatz für ein eigenes Heim.

Foto: Adobe Stock

Die Nacht vom 23. auf den 24. Februar 2022 ist für die Welt, für Europa verheerend: Russland greift die Ukraine an und bringt damit unendliches Leid über das Land. Viele Ukrainer*innen bangen um ihr Überleben, verlassen Hals über Kopf ihre Heimat und begeben sich auf die Flucht. In Berlin kommen seitdem wieder tausende Menschen auf der Suche nach Schutz an. Die Fluchtzugänge durch Kriege im Nahen Osten, durch die in den Jahren 2015 und 2016 neben Syrer*innen auch Menschen weiterer Nationalitäten wie Iraker*innen und Afghan*innen zu zehntausenden Obdach in Berlin suchten, beschäftigen Berlin noch immer. Der März 2022 fühlt sich wie ein Déjà-vu an – fast zumindest.

Das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF)  wurde im Jahr 2016 gegründet und hat die Aufgaben für die Registrierung, Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten in Berlin übernommen. Damals wurden zur kurzfristigen Unterbringung von Geflüchteten Turnhallen, ehemalige Kasernen, Krankenhäuser, Schul- und Verwaltungsgebäude sowie die Hangars des ehemaligen Flughafens Tempelhof genutzt.

Vielfältige Unterbringungsformen

Es entstanden Containerbauten, die heute noch zur Unterbringung von Geflüchteten genutzt werden. Sie unterteilen sich in mehrgeschossige Containerdörfer mit Gemeinschaftsduschen und Bädern und die sogenannten Tempohomes, bei denen drei Container eine kleine Wohnung für vier Personen mit Küchennische, Dusche und WC ergeben.

Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) wurden konzipiert. Hierbei handelt es sich um Neubauten, die entweder in Fertigbauweise oder klassischer Bauweise errichtet werden. Es gibt zwei Typen: MUF, die einem Studentenwohnheim mit Zweibettzimmern, gemeinschaftlich genutzten Bädern und Küchen ähneln sowie MUF mit Wohnungsstrukturen.

Den Hauptteil, etwa 50 Prozent, der vom LAF zur Unterbringung genutzten Gebäude stellen jedoch umgebaute Bestandsgebäude dar. Sie bieten sowohl Mehrbettzimmer mit Gemeinschaftsküchen und -bädern als auch Wohnungsgrundrisse. Zusätzlich sind fast alle Unterkünfte mit Räumen für Sozialbetreuung und gemeinschaftliche Aktivitäten ausgestattet.

Das LAF hat seit seiner Gründung viel entwickelt und Teilhabechancen von Geflüchteten verbessert. Turnhallen und Hangars konnten geschlossen und zahlreiche Neubauten errichtet werden. Einheitliche Standards wurden erarbeitet.

In den Unterkünften arbeiten Leitungen, Verwaltungsmitarbeitende, Betreuungspersonal, sowie teilweise Psycholog*innen und zum Schutz der Geflüchteten Sicherheitsdienstleistende. In jeder Unterkunft gibt es Kindeswohl-, Frauen- und LSBTIQ-Beauftragte.

In den letzten Jahren wurden die Hausordnungen unter Einbindung von Initiativen überarbeitet. Die Prüfmethoden und Indikatoren der behördlichen Qualitätssicherung wurden im partizipativen Verfahren als Teil des sogenannten Qualitätschecks weiterentwickelt. Dies geschah in Anlehnung an den von Save the Children erarbeiteten Kinderrechte-Check. Die neue Berliner unabhängige Beschwerdestelle (BuBs) wurde aufgebaut und unterstützt Geflüchtete in Unterkünften dabei, ihre Beschwerden zu formulieren und an die entsprechenden Stellen zu richten.

Noch kein »richtiges« Zuhause

Trotz dieser qualitativen Verbesserungen bedeutet eine Unterbringung durch das LAF nicht Wohnen. Geflüchtete Menschen registrieren sich nach Ihrer Ankunft im Berliner Ankunftszentrum (AkuZ) in Reinickendorf. Sie werden dann nach wenigen Tagen in einer Aufnahmeeinrichtung untergebracht. Dort werden die Menschen vollverpflegt und haben nicht die Möglichkeit selbst zu kochen. Nach einigen Wochen oder Monaten ziehen sie in eine Gemeinschaftsunterkunft mit Selbstversorgung um.

Alleinreisende teilen sich hier mindestens mit einer weiteren Person ein Zimmer. Familien haben Zimmer für sich, müssen sich diese aber regelmäßig zu zweit teilen. Wohn- oder Spielzimmer gibt es in den einzelnen Wohneinheiten nicht. Sicherheitsdienstmitarbeitende am Eingang kontrollieren den Zugang zum Gebäude.

Übernachtungsbesuch ist dort nur in absoluten Ausnahmefällen möglich. Die Bewohner*innen haben keine Mietverträge. Sollte die Unterkunft schließen müssen, weist Ihnen das LAF eine neue Unterkunft zu. Dabei wird ein sozialraumnaher Umzug angestrebt, dies ist aber aufgrund der verfügbaren Plätze nicht immer möglich.

Corona hat die Lebenssituation in den Unterkünften aufgrund der vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen und Abstandsregelungen sowie Quarantänen weiter massiv beeinträchtigt.

Der Übergang in den Wohnungsmarkt ist schwer

Einen optimalen Ort für das Aufwachsen von Kindern stellt eine Unterkunft nicht dar. Dennoch sind von den circa 22.000 vom LAF untergebrachten Personen, wobei die flüchtenden Ukrainer*innen noch nicht eingerechnet sind, etwa ein Drittel Minderjährige. Sie und ihre Familien leben häufig mehrere Jahre in der staatlichen Unterbringung, weil sie auf dem Berliner Wohnungsmarkt keinen bezahlbaren Wohnraum finden.

Auch wenn das LAF Kooperationsvereinbarungen wie »Wohnen für Flüchtlinge« (WfF) mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften hat, durch die jährlich 275 Wohnungen für Geflüchtete zur Verfügung gestellt werden und andere Integrationswohnprojekte wie das Tolerante Miteinander (TOM) von der degewo verfolgt werden, reichen diese Bemühungen nicht aus.

Die Stadtgesellschaft bringt sich ein

Seit dem 24. Februar 2022 fühlen sich die Mitarbeitenden des LAF in die Jahre 2015 und 2016 zurückversetzt: Schnell müssen tausende Plätze in Notunterkünften geschaffen werden. Zelte werden errichtet, Messehallen und Flughafengebäude werden zur Notunterbringung umfunktioniert, Plätze durch Kirchen zur Verfügung gestellt und kurzfristig Kontingente in Hostels und Hotels angemietet.

Kurz- und mittelfristig sollen neben Neubauten wieder vermehrt Kapazitäten in Bestandsgebäuden geschaffen werden. Verteilungen erfolgen über den Königsteiner Schlüssel auf andere Bundesländer. Noch größer als im Jahr 2015 scheint der Einsatz und das Engagement der Stadtgesellschaft – die Solidarität ist enorm: Berliner*innen stellen Ukrainer*innen ihre Gäste- oder Wohnzimmer, Ferienwohnungen, Hotel- oder Pensionszimmer kostenlos über mehrere Tage oder Wochen zur Verfügung.

Mittelfristig werden die privat untergekommenen Ukrainer*innen eine reguläre Unterbringung benötigen, für die das LAF verantwortlich sein wird. Um die Teilhabechancen von Geflüchteten, egal welcher Nationalität, langfristig zu verbessern, heißt es für Berlin jedoch: Wir benötigen mehr bezahlbaren Wohnraum.  
 

Königsteiner Schlüssel

Der Königsteiner Schlüssel legt für jedes Bundesland die Aufnahmequote für Asylsuchende fest. Berechnet wird diese jedes Jahr neu auf der Basis der Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46