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bbz 07-08 / 2019

Zwei Dutzend sind nicht genug

Vor gut zehn Jahren entstanden in Berlin die ersten Gemeinschaftsschulen. Doch Rot-Rot-Grün darf sich nicht ausruhen und muss die Weiterentwicklung vorantreiben

Die Idee einer Schule des gemeinsamen Lernens, also des Nicht-Aussonderns, entstand vor genau 50 Jahren in der Bundesrepublik auf Beschluss der Kultusministerkonferenz. Die ersten Gesamtschulen wurden gegründet. Nach dem »Pisa-Schock«, Mitte der 2000er Jahre wurde Deutschlands Schulsystem bescheinigt, immer noch zu auslesend zu sein. In kaum einem anderen Industrieland hängt der Bildungserfolg so stark von der sozialen Herkunft ab, wie hierzulande. Als Reaktion darauf eröffneten unter dem rot-roten Berliner Senat die ersten Gemeinschaftsschulen, damals als Schulversuch. Dies sollte allerdings nur ein erster Schritt hin zu einem nicht selektierenden Schulsystem sein.

Kurze Zeit später erkannten auch andere Bundesländer, dass das dreigliedrige Schulsystem keine Zukunft haben kann und stellten zumindest auf Zweigliedrigkeit um. Das Gymnasium blieb aber überall mehr oder weniger unangetastet.

Die Berliner Gemeinschaftsschulen waren so erfolgreich, dass sie auch nach der Regierungsübernahme durch SPD und CDU nicht wieder rückabgewickelt werden konnten. Nach dem nächsten Regierungswechsel 2017 hin zu einem Bündnis aus SPD, Linken und Grünen einigten sich die drei neuen Partnerinnen darauf, die Gemeinschaftsschule als Regelschule ins Schulgesetz zu schreiben. Neue Schulen sollten vornehmlich als Gemeinschaftsschulen entstehen.

Auf Unterstützung warten wir bis heute

Die »Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule – Verband für Schulen des gemeinsamen Lernens« (GGG) nimmt die Berliner Entwicklung zum Anlass, auf ihrem Bundeskongress vom 19. bis 21. September in der Berliner Fritz-Karsen-Gemeinschaftsschule gemeinsam das Erreichte zu bewerten, notwendige Entwicklungen zu erörtern und das Jubiläum der GGG zu feiern.

Mit ihrem Kongress will die ebenfalls vor 50 Jahren gegründete GGG an noch immer ausstehende politische Entscheidungen erinnern. Denn leider entwickelt die Realität sich nicht so wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Neue Gymnasien werden eröffnet und weitere Gemeinschaftsschulen sucht man vergebens. Darauf haben wir Bezirks- und Landespolitiker*innen immer wieder hingewiesen. In der monatlichen Informationsbroschüre an die Schulleitungen hat Bildungssenatorin Sandra Scheeres noch kein einziges Mal auf die Möglichkeit verwiesen, geschweige denn dafür geworben, dass Schulen sich zu Gemeinschaftsschulen umwandeln können. Auch die Bestrebungen einiger Integrierter Sekundarschulen (ISS), Gemeinschaftsschule werden zu wollen, unterstützt die Bildungsverwaltung nicht einmal halbherzig.

Beim Grußwort zum Kongress wird die Gelegenheit sein, Sandra Scheeres an die Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zu erinnern. Bei einem umfangreichen Schulbesuchsprogramm haben Besucher*innen die Möglichkeit, sich über die pädagogischen Erfolge von Schulen des gemeinsamen Lernens zu informieren und praktische Tipps für die eigene Arbeit mitzunehmen. Trotz aller Mühen der Ebene ist die Einführung der Gemeinschaftsschule und Integrierten Sekundarschule eine erfolgreiche Weiterentwicklung der Gesamtschulversuche.