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bbz 12 / 2017

Milliarden für den Schulneubau

Der Spandauer Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank hat sich der Diskussion über die Finanzierungsmodelle für den Schulneubau gestellt.

Über Jahrzehnte hat das Land Berlin völlig unzureichend in den Erhalt seiner Schulen investiert. Unzählige Zeitungsberichte über marode Schulen sind das traurige Zeugnis einer kaputtgesparten Bildungsinfrastruktur. Hinzu kommt, dass seit etwa vier Jahren die Schüler*innenzahlen wieder steigen, sodass nach aktuellen Berechnungen bis 2030 zu den bestehenden rund 800 Schulen etwa 50 neu hinzukommen müssen. Auf Druck der Öffentlichkeit und der GEW BERLIN hat der Senat nach dem Regierungswechsel 2016 endlich die Brisanz und Dringlichkeit erkannt.

In den kommenden zehn Jahren beabsichtigt er, rund 5,5 Milliarden Euro in die Sanierung und den Neubau von Schulen zu investieren. Die finanziellen Mittel hierzu sollen jedoch nur teilweise über den Landeshaushalt finanziert werden. Mindestens 1,5 Milliarden Euro will der Senat auf dem privaten Kapitalmarkt einsammeln. Dies soll über die eigene Berliner Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE realisiert werden, die den gesamten Schulneubau sowie die Sanierung aller Standorte im Wert von jeweils über 5,5 Millionen Euro in einer eigens dafür geplanten »Planungs- und Projektgesellschaft« stemmen soll.

Kein privater Gewinn mit Schulbau

Auf einer Veranstaltung mit dem Spandauer Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) im Berliner GEW-Haus in der Ahornstraße kritisierten zahlreiche Mitglieder dieses Vorgehen. Dass dringender Sanierungs- und Neubaubedarf besteht, ist unbestritten. Dass hierfür jedoch angesichts der guten Staatsfinanzen auf privates Kapital, das eine Rendite einfahren muss, zurückgegriffen werden soll, ist für die GEW BERLIN nicht akzeptabel. Unser Kollege Uli Scholz von der AG Bildungsfinanzierung rechnete vor, dass bei einer Fremdfinanzierung über zehn Jahre im rechnerisch günstigsten, aber wenig wahrscheinlichen Fall, eine Zinslast von mindestens 69 Millionen Euro anfallen würde, während bei einer staatlichen Eigenfinanzierung aufgrund der günstigen Konditionen für Staatsschuldpapiere lediglich rund 10,5 Millionen Euro zusätzlich fällig wären.

Sollte die Tilgung der Kredite erst nach zehn Jahren erfolgen, könnte sich die Zinsbelastung gar auf über 800 Millionen Euro erhöhen. Carl Waßmuth von der privatisierungskritischen Bürger*inneninitiative Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) schätzt die Mehrbelastung des Landeshaushalts durch höhere Zinsen auf mindestens 300 Millionen Euro, wahrscheinlich aber auf 480 bis 600 Millionen. Hinzu kämen noch weitere Kosten wie Entschädigungsansprüche an die HOWOGE nach Rückübertragung des Erbbaurechts. Beim Senat und dem Rat der Bürgermeister besteht trotz dieser deutlichen Mehrbelastung für die öffentliche Hand nach Darstellung von Helmut Kleebank Einigkeit über die Kreditaufnahme durch die HOWOGE auf dem freien Kapitalmarkt. Begründet wird dies einzig mit dem Zeitdruck.

Nur durch die Einbeziehung der HOWOGE stehen sowohl das Know-how als auch die finanziellen Mittel in der benötigten Größenordnung innerhalb eines Zehnjahreszeitraumes zur Verfügung. Hinzu kommt, dass aufgrund der Schuldenbremse das Land Berlin sich für die Sanierung und den Neubau von Schulen nicht derartig hoch verschulden darf. Dass die öffentliche Hand dann aber die Mehrkosten für die Fremdfinanzierung begleichen muss, erzeugt Kopfschütteln. Durch die Auslagerung des Schulneubaus an die HOWOGE werden darüber hinaus Schulträger zu Mieter*innen. Hierdurch sind Eingriffe in die Einrichtung, die Ausstattung und die Nutzung von Schulen durch den Fremdeigentümer vorprogrammiert.

Die GEW BERLIN und GiB lehnen daher das Konzept der Fremdfinanzierung von Schulneubau und Schulsanierung in Verbindung mit der Übertragung des Erbbaurechts an die HOWOGE oder andere Infrastrukturgesellschaften ab.


Siehe auch LDV-Beschluss Nr. 17 »Keine Ausgliederung von Schulsanierung und Schulneubau in eine Sanierungsgesellschaft – demokratische Mitwirkung stärken, nicht abbauen!«; LDV 1.-2.12.2016.


Webseite von Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB):  www.gemeingut.org