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Ein öffentliches Gespräch

Erzieher*innenkrise

Am Freitag den 29.06.2018 war es endlich so weit. Es gab ein öffentliches Gespräch mit der für Bildung zuständigen Senatorin Sandra Scheeres.

Berlin, 26.05.2018 Demonstration und Kundgebung von Elterninitiativen , GEW und ver.di gegen Kitaplatzmangel, für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen von und für ErzieherInnen, Die Demo verlief vom Bahnhof Friedrichstraße zum Brandenburger Tor, dort fand die Abschlusskundgebung statt.

Erzieher*innen-Gipfel bleibt hinter Erwartungen zurück

Am Freitag den 29.06.2018 war es endlich so weit. Es gab ein öffentliches Gespräch mit der für Bildung zuständigen Senatorin Sandra Scheeres. Thema war die Erzieher*innen-Krise im Land Berlin. Die GEW BERLIN hat es gemeinsam mit verschiedenen Bündnispartnern und durch viele Aktionen (Diskussionsveranstaltungen, Krisendemo und Gesprächen mit Arbeitgeberverbänden) geschafft, dass sich alle Akteure der Berliner Bildungslandschaft gemeinsam mit Frau Scheeres in einem offenen Gespräch über die aktuelle Situation und die dringend benötigten Lösungsansätze zur Behebung der Erzieher*innen-Krise austauschen.

Nach einer umfänglichen Vorstellung der Bedarfssituation und der Präsentation weiterer Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung in den Kitas lenkte Frau Scheeres die Diskussion nach vorn.

Die wichtigste Maßnahme ist der weitere Ausbau des Quereinstiegs. Auch soll das System geöffnet werden, um sonstige geeignete Kräfte in der Arbeit mit Kindern anzuerkennen. Es soll ein erleichterter Zugang von Menschen mit ausländischen Abschlüssen gesichert werden. Eine breite Debatte fand über die Zugangsmöglichkeiten zur Ausbildung mit dem Abschluss MSA statt. Die übergroße Mehrheit hat dies sehr befürwortet.

Dem gegenüber haben die Teilnehmer*innen die Beibehaltung der Qualitätsstandards umgesetzt. Der Personalschlüssel, die Stärkung von Kitaleitungen und weitere Unterstützungssysteme für Quereinsteiger*innen werden erhalten bleiben, auch damit die neuen Kolleg*innen nicht nach wenigen Jahren wieder das Weite suchen.

Alle Beteiligten wiederholten ihr Bekenntnis, dass der Beruf aufgewertet werden muss, dass Erzieher*innen besser bezahlt werden sollen. Die Berliner Landespolitik prüft, in wie weit sie auf die tarifpolitischen Verhandlungen einwirken wird.

Das Krisengespräch ist ein erster Schritt, um gemeinsam die Erzieher*innen-Krise im Land Berlin zu gestalten. Die GEW BERLIN kritisierte jedoch, dass die Situation der Berliner Ganztagsschule in der Diskussion keine Rolle spielte. Vom Fachkräftemangel sind alle Berliner Bildungseinrichtungen betroffen. Es muss um alle Arbeitsfelder von Erzieher*innen gehen.

Kritisch bewertet die GEW BERLIN insbesondere folgende Punkte

  • Weitere Öffnung für Quereinsteiger*innen (befristet)
    Eine weitere Öffnung für Quereinsteiger*innen führt aus Sicht der GEW zu einer weiteren Belastung der Fachkräfte. Beobachtungen, Dokumentationen, Entwicklungsberichte, Entwicklungsgespräche, das alles sind Tätigkeiten, die nur pädagogische Fachkräfte umsetzen können.
    Eine Aufwertung sozialpädagogischer Berufe kann nicht mit der Aufweichung des Fachkräftegebots gelingen. Das ist das falsche Signal an unsere Fachkräfte in den Berliner Bildungseinrichtungen und wird keine neuen Fachkräfte anlocken.
  • Absenkung der Zugangsvoraussetzung
    Aus Sicht der GEW BERLIN wird die Absenkung der Zugangsvoraussetzung zur Erzieher*innenausbildung in der Folge auch zu einer Absenkung von Gehältern führen. Das darf nicht passieren!
    Und: Insbesondere die berufsbegleitende Form der Erzieher*innenausbildung ist aus Sicht der GEW BERLIN nicht für junge Absolvent*innen der mittleren Schulreife geeignet. Wie sollen z.B. 16-jährige Verantwortung für ganze Kindegruppen übernehmen. Das ist nicht denkbar und führt nicht zu einer Qualitätsentwicklung.

Die GEW BERLIN wird an ihren Forderungen festhalten und zukünftige Gespräche weiterhin im Sinne der Qualitätsentwicklung der Berliner Bildungseinrichtungen führen und dabei nicht müde werden, sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Kitas, Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen einzusetzen.

Forderungen der GEW BERLIN um der Krise entgegenzuwirken:

  • Eine Verbesserung der Gehälter, mindestens wertgleich mit dem TVöD
  • eine verbindliche Regelung zur mittelbaren pädagogischen Arbeit (mpA) in Höhe von mindestens 9 Stunden pro Woche,
  • eine vollständige Abgeltung von Ausfallzeiten und mittelbarer pädagogischer Arbeit im Personalschlüssel,
  • eine Erhöhung der Fachkraft-Kind-Relation (Personalschlüssel U3 1 zu 3, Personalschlüssel Ü3 1 zu 8),
  • Leitungsfreistellung ab 60 Kinder pro Einrichtung,
  • Zeit für Anleitung in Höhe von drei Stunden pro Woche für die gesamte Zeit der berufsbegleitenden Ausbildung,
  • Zeit für Anleitung von Quereinsteiger*innen aus anderen Bereichen (z.B. Heilerziehungspfleger*innen, Musikpädagog*innen, Logopäd*innen,..),
  • einheitliche Ausbildungsstandards
  • Verpflichtung aller Träger zur Zahlung einer tarifgerechten Bezahlung.

Als Fortsetzung dieses Spitzengesprächs wurde der Beginn 2019 ins Auge gefasst. Aus Sicht der GEW BERLIN kommt dieser Termin allerdings viel zu spät.

Info-Brief zur Erzieher*innen Krise Juli 2018