Zum Inhalt springen

Arbeitszeit der Lehrkräfte

Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Lehrerinnen- und Lehrerberufs

Wie der Berliner Senat den LehrerInnenberuf mittels weiterer Arbeitszeiterhöhung attraktiver machen will...

Demo gegen die drohende Arbeitszeiterhöhung im Dezember 2012

Am 22. April 213 verkündete Bildungssenatorin Sandra Scheres zusammen mit dem Finanzsenator Ulrich Nußbaum auf einer gemeinsamen Pressekonferenz "Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des LehrerInnenberufs". Doch die verkündeten Wohltaten wie Altersermäßigung und einen zusätzlichen frei wählbaren "Bögertag" entpuppen sich selbst für die wenig Eingeweihten als dreiste Mogelpackung, denn die Maßnahmen sind in erster Linie eine Arbeitszeiterhöhung. Unter dem Strich wird deutlich, wer in der Bildungspolitik in Berlin letztlich das Sagen hat. Es ist der Finanzsenator, die Bildungssenatorin darf ihm bei der Verkündung der Vorhaben lediglich assistieren.

Wir haben Dichtung und Wahrheit der verkündeten Maßnahmen einmal gegenübergestellt.

  • „Der Senat sichert eine attraktive Bezahlung für angestellte Lehrerinnen und Lehrer in Berlin.“
    Die Tariferhöhung haben sich die Beschäftigten im öffentlichen Dienst durch einen langen Arbeitskampf erstritten. Die Ergebnisse der Tarifverhandlungen gelten für alle Beschäftigten im Berliner Landesdienst, sie sind kein Geschenk Berlins an die angestellten Lehrkräfte!
  • „Der Senat gewährt die Erfahrungsstufe 5 als Zulage ab sofort unwiderruflich für Berufseinsteiger/-innen.“
    Dies ist schon seit einigen Jahren so, trotzdem verlangen die neu eingestellte Lehrkräfte eine tariflich abgesicherte bessere Bezahlung. Die Zulage erhalten längst nicht alle Lehrkräfte und in den vollen „Genuss“ kommen auch nur die neu eigestellten LehrerInnen – in der Regel lediglich die ersten sechs Monate, danach wird die Höhe der Zulage schnell von Jahr zu Jahr geringer.
  • „Der Senat verspricht mehr Flexibilität beim Abbau der Lebensarbeitszeitkonten durch drei wählbare Modelle.“
    Die bis zum 31.07.2014 maximal 55 angesparten Tage auf den Arbeitszeitkonten (AZK) der Lehrkräfte müssen abgegolten werden. Das ist kein Geschenk des Senats, das sind von den Beschäftigten erarbeitete Guthaben auf das sie einen individuellen Rechtsanspruch haben. Zum 01.08.2014 wird das Anwachsen der Lebensarbeitszeitkonten vom Senat beendet. Das ist eine Arbeitszeiterhöhung, denn damit wird die 2003 ausgehandelte Kompensation für die Pflichtstundenerhöhung vom Senat einfach gestrichen.
  • „Der Senat verspricht altersgerechtes Arbeiten durch Wiedereinführung der Altersermäßigung.“
    Hier wird nur nachvollzogen, was in anderen Ländern längst Normalität ist und auch in Berlin schon einmal Realität war. Die Verknüpfung mit den Arbeitszeitkonten in dieser Weise ist unredlich, so finanzieren die Lehrkräfte ihre Altersermäßigung durch vorherige Mehrarbeit selbst.
  • „Der Senat sichert den Erhalt von zwei flexiblen Tagen (Bögertage) zu.“
    Die zwei flexiblen freien Tage für Lehrkräfte (Bögertage) sind während des Schuljahres nun beide frei wählbar. Der Senat ist fein raus, da ja nun alle Bögertage von den anwesenden Lehrkräften vertreten werden müssen. Die bedeutet de facto eine weitere Arbeitszeiterhöhung.
  • „Der Senat sichert die systematische Personalentwicklung und feste Fortbildungstage zu.“
    Und noch eine Arbeitszeiterhöhung ohne Kompensation: Das Schuljahr beginnt für Lehrkräfte ab 01.08.2014 am Mittwoch vor Sommerferienende. Die zwei zusätzlichen Präsenztage am Ende der Ferien sollen der schulinternen Fortbildung dienen; die Lehrkräfte müssen dafür auf zwei Ferientage verzichten.
  • „Der Senat ermöglicht den gleichberechtigten Zugang für angestellte Berliner Lehrkräfte zum Auslandsschuldienst."
    Der Zugang von angestellten Lehrkräften zum Auslandsschuldienst ist kein Geschenk, sondern eine längst überfällige Maßnahme und in Zeiten der Nichtverbeamtung eine logische Konsequenz.
  • „Der Senat sichert die Verbesserung der Berufseingangsphase und des berufsbegleitenden Vorbereitungsdienstes zu."
    Es ist zynisch, BerufseinsteigerInnen nach ihren bis zu 28 Unterrichtsstunden plus Vor- und Nachbereitungszeit noch einen Erfahrungsaustausch zu ihrem stressigen Berufsleben in Arbeitskreisen anzubieten. Ohne gleichzeitige Entlastung für die BerufseinsteigerInnen ist das „Angebot“ eine reine Alibiveranstaltung.
  • Last not least: Die beruflich sichere Perspektive zu Zeiten des Lehrkräftemangels als besonderes Angebot zu verkaufen, ist lächerlich.

Die Reaktionen auf den Maßnahmekatalog sind entsprechend eindeutig. Er erntet bestenfalls Kopfschütteln über die politische Instinktlosigkeit der zuständigen Senatorin, meistenteils aber schroffe Ablehnung bis hin zur Äußerung der Vereinigung Berliner SchulleiterInnen „Wenn es nicht schon genügend Gründe für einen Streik gäbe – das Maßnahmepaket wäre ein weiterer.“ – und das will schon etwas heißen, wenn das von SchulleiterInnen kommt.