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bbz 06 / 2019

Auf halber Flamme

Die Senatsverwaltung finanziert eine tarifgerechte Bezahlung der pädagogischen Fachkräfte in der sozialen Arbeit. Dafür herrscht an anderen Stellen Sparzwang

Freie Träger der Sozialen Arbeit erbringen häufig verschiedene Leistungen, die durch unterschiedliche Kostenträger mit entsprechend unterschiedlichen Finanzierungen verbunden sind. Die Finanzierung kann in Form von Zuwendungen, Entgelten oder Kostensätzen erfolgen. Je nachdem wer im Einzelfall Kostenträger ist, sind die Finanzierungsauflagen sehr komplex und stellen uns bei der Anwendung des TV-L vor einige Herausforderungen. Pfefferwerk ist mit etwa 800 Mitarbeiter*innen in der Kindertagesbetreuung, in der schulischen Bildung, den Hilfen zur Erziehung, in der Schulsozialarbeit, in der Berufsausbildung sowie in der Stadtteilarbeit tätig. Wir haben seit November 2017 ein TV-L-nahes Vergütungssystem mit tarifgleicher Eingruppierung. Wesentliche Abweichung ist eine Verzögerung in der Umsetzung der Tarifsteigerungen um derzeit acht Monate. Diese verkürzt sich, sofern positive Jahresüberschüsse vorliegen.

Faire Löhne haben ihren Preis

Grundsätzlich können wir feststellen, dass die Kostenträger eine Bezahlung der Fachkräfte nach TV-L akzeptieren und die Personalkosten refinanzieren. So werden bei der Finanzierung der Kindertagesbetreuung die tariflichen Entwicklungen berücksichtigt. Den Zuschüssen, die wir für unsere Schulen erhalten, liegen die Gehälter der beim Land Berlin angestellten Lehrkräfte zugrunde. In den Hilfen zur Erziehung und in der schulbezogenen Jugendsozialarbeit wurde für die Berechnung der Kostensätze bisher pauschal die Erfahrungsstufe 3 herangezogen. Für die Hilfen zur Erziehung konnte inzwischen die Stufe 4 verhandelt werden, in der Schulsozialarbeit jedoch nicht.

Bei Zuwendungen für zeitlich befristete Projekte allerdings werden Tarifsteigerungen, wenn überhaupt, nur nachlaufend berücksichtigt. Jeder Zuwendungsgeber setzt hier andere Maßstäbe an, woraus erhebliche Probleme bei der Refinanzierung von tariflichen Löhnen bestehen. Bei Zuwendungen der Bezirke ist die Finanzierung der Gehälter gesetzt. Tarifliche Anpassungen müssen durch die Absenkung der Arbeitszeit ausgeglichen werden.

Technisches Personal sind »Sachkosten«

Leider greift die Refinanzierung nur bei den pädagogischen Fachkräften. Unser haustechnisches Personal in den Kitas, Verwaltungsmitarbeiter*innen, unsere Fachkräfte für Kinderschutz und Arbeitssicherheit, die wir ebenfalls TV-L-nah vergüten, müssen aus den Sachkosten bezahlt werden. Hier fehlt natürlich der Bezug zum TV-L. Die Sachkosten steigen unregelmäßig und maximal in Höhe des Inflationsausgleichs. Auch den deutlich gestiegenen Kosten für Mieten und Instandhaltung steht eine ungenügende Ausfinanzierung gegenüber.

Für die Verwaltung zahlt der Träger drauf

Die Kosten für unsere Verwaltung werden durchschnittlich mit etwa 4 Prozent akzeptiert. Unsere realen Kosten betragen, je nach Berechnungsmodel, jedoch neun bis 15 Prozent. Denn: Kosten für die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben in Bezug auf Arbeitssicherheit, Datenschutz, Brandschutz, Betriebliches Eingliederungsmanagement, Kinderschutz, Betriebsratstätigkeit und Qualitätsmanagement werden bei der Kostenerstattung nicht ausreichend oder gar nicht berücksichtigt. Und natürlich unterliegen auch die Personalkosten für diese Kolleg*innen der gleichen tariflichen Steigerung wie die der pädagogischen Fachkräfte.

In der Kindertagesbetreuung übernahm das Land Berlin bis 2017 93 Prozent der Kosten. Der Eigenanteil verringert sich nun bis 2021 um jährlich 0,5 Prozent, doch ein fünfprozentiger Eigenanteil ist auch dann von den Trägern zu erbringen. Bei der Finanzierung unserer beiden Schulen erhalten wir lediglich einen Zuschuss von 93 Prozent der Personalkosten. Sachkosten und Verwaltung werden nicht finanziert. Daher sind die Schulen gezwungen, Elternbeiträge einzunehmen. Für eine unserer Jugendfreizeiteinrichtung besteht die Auflage, zehn Prozent der Kosten aus Eigenmitteln aufzubringen. Auch in der Nachbarschaftsarbeit decken die Zuwendungen nur einen Teil der realen Kosten. Die restlichen Kosten müssen aus Eigenmitteln oder über weitere Drittmittel finanziert werden.

Kein Geld für Innovation

Ein Zuschlag für Wagnisse und Risiken ist in den Kostensätzen der Eingliederungshilfe anerkannt, in der Kinder- und Jugendhilfe nicht. Auch Innovationen sind in der Kinder- und Jugendhilfe theoretisch so gut wie unmöglich, denn Kosten für die Entwicklung und das Ausprobieren neuer Ansätze kommen in keiner Finanzierung vor. Wir sind davon überzeugt, dass nur gute Gehälter und gute Arbeitsbedingungen es möglich machen, hervorragende soziale Arbeit zu leisten. Dafür ist es erforderlich, dass Gehälter auf Tarifniveau in allen Bereichen auch finanziert werden. Das heißt: Für eine gute soziale Arbeit in Berlin muss die öffentliche Hand bereit sein, Tarifgehälter und realistische Sachkosten für alle beauftragten Leistungen verlässlich zu finanzieren.