Zum Inhalt springen

Schulbau

Nicht nur leise Sohlen

…tragen zu einer Lärmreduzierung in den Schulen bei. Vor allem bauliche Veränderungen und pädagogische Konzepte sind notwendig, um die Gesundheit der Menschen zu erhalten.

FOTO: ULRICH MEUEL

Schulstress ist häufig die Ursache von der schlechten Raumakustik in Schulräumen.  Viele Lehrer*innen klagen über die Lärmbelastung in d er Schule. Fast immer sind Hörsturz oder Tinnitus eine Folge der Schulsituation .

In Schulen herrscht ein Lärmpegel mittlerer Intensität vor, der zwar nicht gehörschädigend ist, sich aber negativ auf den gesamten Organismus auswirkt (60-85 d B). Er führt dazu , dass der Blutdruck steigt, die Herzfrequenz beschleunigt wird , insgesamt mit Stress reagiert wird. Auffällig ist, dass der Lärmpegel selbst bei der Stillarbeit während eines Schultags signifikant ansteigt. Konzentrationsstörungen und Stress nehmen zu . Entscheidend ist dabei die Nachhallzeit im Klassenraum . Der Nachhall, also das Zurückwerfen des Schalls von den Raumoberflächen , steigert den Lärmpegel und wirkt sich negativ auf die Verständlichkeit aus , was die Beteiligten wiederum mit erhöhter Lautstärke aus zu gleichen versuchen .

Der Akustiker Professor Tiesler vom Institut für interdisziplinäre Schulforschung Bremen hat in ein er Untersuchung den Unterricht in akustiksanierten mit dem in unsanierten Räumen verglichen. Bei der Sanierung wurde die vorhandene Nachhallzeit von bis zu 2 Sekunden auf 0,5 Sekunden begrenzt . Akustiker hatten eine Lärmminderung von 6 dB berechnet, tatsächlich wurden es 13 dB weniger. Dies ist dadurch zu erklären, dass die Schüler*innen bei der Arbeit in sanierten Räumen auch leiser sprechen . Gleichzeitig wurde die Herzfrequenz der beteiligten Lehrer*innen gemessen , die durchschnittlich um zehn Schläge pro Minute in den sanierten Räumen sank. Ein deutlicher Hinweis auf eine effektive Stressminderung.

Es geht auch ruhiger

Wir besuchen eine Schule, die offensiv gegen die Lärmbelastung vorgeht. Es ist die Nürtingen-Grundschule in Kreuzberg. Mit deren Leiter Markus Schega sowie mit Susanne Wagner vom Architekturbüro »Bauereignis« und mit dem Akustiker Tobias Kirchner machen wir eine Begehung. Kirchner weist auf einige positive Entwicklungen der letzten Jahre hin. So gibt es inzwischen DIN-Normen , die auch raumakustische Empfehlungen für Schulflure explizit aufführen. »Wenn die Flure als Aufenthaltsräume oder Arbeitsräume mitgenutzt werden, dann muss man beachten , dass unzureichende Akustikmaßnahmen die Schüler*innen zusätzlich stressen «, sagt der Fachmann .

Schega geht auf die pädagogische Bedeutung der Maßnahmen ein. »Den Lärm im Flur kann man nur durch akustische Sanierung reduzieren – wenn man nicht die lärmenden Kinder zur absoluten Ruhe verdonnern und ihnen den Aufenthalt im Flurverbieten will. Aber die Technik unterstützt die Pädagogik nur, sie kann sie nicht ersetzen «. In zwischen ist an dieser Schule die akustische Situation so gut, dass die Schule auch Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation aufnehmen kann.

Physikalisch unterstützte Pädagogik

Die physikalischen Maßnahmen waren nicht einfach umzusetzen und mussten mit dem Denkmalschutz abgestimmt werden. Gerade alte Schulen haben sehr hohe Räume und damit ein großes Volumen , entsprechend schwierig ist hier die Raumakustik. Die DIN-Normen gelten bei den neuen Schulen und eingeschränkt, bei Bestandsbauten jedoch nicht zwingend. Aber, eine akustische Behandlung ist notwendig, da die großen Flure oft als Aufenthalts - oder Arbeitsraum genutzt werden. Die akustische Sanierung ist ein entscheidender Beitrag zum Gesundheitsmanagement und verbessert gleichzeitig die Lernbedingungen der Schüler*innen. Schega sieht einen engen Zusammenhang mit der Verbesserung des Lernklimas der Schule und schreibt in einem Bericht, dass die bessere Hörsamkeit die Sprachbildung insbesondere der Schüler*innen nichtdeutscher Herkunftssprache unterstützt, sich die Leistungen bei den VERA-Vergleichsarbeiten verbessern, die ehemaligen Verkehrswege jetzt pädagogische Räume sind .

Eine akustisch sanierte Schule verbessert den Unterricht und auch die Gesundheit der Lehrkräfte. Dabei darf man sich aber nicht nur auf technische Maßnahmen verlassen, sondern muss pädagogische Konzepte für eine ruhige Schule mit entwickeln. Die Nürtingen- Grundschule in Kreuzberg ist da vorbildlich.

Das Gutachten haben wir in der Online-Version dieser Ausgabe verlinkt: www.gew-berlin/bbz

Ulrich Meuel, ehemaliger stellvertretender Schulleiter der Fritz-Karsen-Schule und KlausWill, ehemaliger geschäftsführender Redakteur der bbz