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Schulstart in Zeiten von Corona

Wertvolle Zeit vertan

Mit großer Sorge und vielen Fragen blicken Berlins Lehrkräfte und Erzieher*innen auf den Schuljahresstart

Der Senat hat es nach Einschätzung der GEW BERLIN versäumt, die für die geplante Rückkehr zum Regelbetrieb nötigen Vorkehrungen zu treffen, um den Schutz der Pädagog*innen sicherzustellen. „Drei Tage vor Schulstart liegt lediglich ein Entwurf des Handlungsrahmens vor, in dem der Senat die Verantwortung auf die Schulen abwälzt. Konkrete und verbindliche Maßnahmen – Fehlanzeige! Die Sommerferien hätte die Senatorin besser nutzen können. Insbesondere, um sich mit den Beschäftigtenvertretungen dazu auszutauschen, wie Bildung in Zeiten von Corona aussehen kann. Die Kolleg*innen fühlen sich in den Schulen allein gelassen. Es herrscht riesige Unsicherheit, wie der Schulalltag mit den einzuhaltenden und mitunter widersprüchlichen Hygiene- und Schutzmaßnahmen und vor dem Hintergrund Tausender fehlender Lehrkräfte aussehen soll“, kritisierte die Vorsitzende der GEW BERLIN, Doreen Siebernik, in einer Erklärung gegenüber der Presse.

Handlungsempfehlungen verstoßen gegen geltendes Recht

Die GEW BERLIN hält es für unverantwortlich, die Gruppen- und Klassengrößen wieder auf das Vor-Corona-Niveau anzuheben und auf Abstandsregeln zu verzichten. Auch das Vorgehen der Senatsverwaltung und die fehlende Einbeziehung der Beschäftigtenvertretungen verärgert die Bildungsgewerkschaft. „Wir halten diese Art der Information für einen Affront. Eine wirkliche Abstimmung und Beteiligung sind offenkundig von Ihrer Verwaltung nicht beabsichtigt“, kritisierte Udo Mertens, Leiter des Vorstandsbereichs Angestellten-, Beamten- und Tarifpolitik in einem Brief an die Verwaltungsspitze. „Insbesondere den Personalvertretungen werde ich empfehlen, gegenüber den Beschäftigten deutlich zu machen, dass die von Ihnen verfassten Handlungsempfehlungen nicht nur zum Teil gegen geltendes Recht verstoßen, sondern auch ohne Beteiligung der Beschäftigtenvertretungen entstanden sind“, kritisierte Mertens weiter. Das Vorgehen der Senatsverwaltung trage nicht dazu bei, die Akzeptanz von Maßnahmen bei den Beschäftigten zu erhöhen.

Mertens bemängelte eine Reihe von Punkten aus dem vorliegenden Handlungsleitfaden. Unter anderem die von der Senatsverwaltung erwogenen Dokumentationspflichten für die Arbeit und die Arbeitszeit der Lehrkräfte und die verbindlich zu vereinbarenden Dienstzeiten unterlägen der Mitbestimmung durch die Personalräte. „Wir werden den Personalräten raten, eine Beteiligung an den von Schulleitungen eingeforderten Dokumentationen zu prüfen. Dies gilt nicht nur für die digitale Erfassung, sondern grundsätzlich. Sollte der ganze Absatz darauf abstellen, dass Lehrkräfte im „Lernraum Berlin“ Dienstleistungen erbringen sollen, weisen wir Sie gerne bereits an dieser Stelle darauf hin, dass der Lernraum nicht mitbestimmt ist und so überhaupt nicht betrieben werden darf“, schrieb Mertens.

Für inakzeptabel hält die GEW BERLIN auch die Aufforderung an die Schulleitungen, zu prüfen, ob Lehrkräfte mit Covid-19-relevanten Vorerkrankungen trotz ärztlichem Attest in der Schule eingesetzt werden können. „Wie die Schulleitungen als Nicht-Mediziner*innen das beurteilen sollen ist völlig unklar. Hier werden Schulleitungen und Lehrkräfte in Konflikte gestürzt, die für beide Seiten absolut unzumutbar sind“, ärgerte sich die GEW-Vorsitzende.

Als Beispiel für die Abwälzung der Verantwortung auf die Schulen nannte die Berliner GEW-Vorsitzende Doreen Siebernik auch die Maskenpflicht. Nirgends sei geregelt, wer die nötigen Masken zur Verfügung stellt oder was mit den Schüler*innen passiert, die ohne Maske erscheinen oder diese verlieren. „Wer trägt die Verantwortung für Verstöße gegen die Hygienevorschriften und für Infektionen? Die Lehrerin oder die Senatorin?“, fragte Siebernik in Richtung der Senatorin.