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Standpunkt

Vom Kreativsemester zum Hybridsemester

Die Beschäftigten an den Hochschulen müssen die Auswirkungen der Corona-Pandemie ohne nennenswerte Unterstützung schultern.

Foto: Fotostudio Charlottenburg

Die Pandemie hat in den Hochschulen wie in allen Teilen der Gesellschaft für reichlich Wirbel gesorgt. Plötzlich alle Lehrveranstaltungen und alle Verwaltungsabläufe auf digitale Formate umzustellen war ein Kraftakt. Einiges, das früher undenkbar schien, ging plötzlich und weil es eben sein musste, versuchten sich alle zu arrangieren.

Nachdem die Kurve der Infizierten auch in Berlin deutlich abgeflacht ist, geht es wieder vorwärts. Mitarbeitende in Technik, Verwaltung und den Bibliotheken arbeiten wieder in den Hochschulen und auch die wissenschaftlichen Mitarbeitenden können wieder ins Büro und können ihren eigenen Computern daheim nun wieder ein wenig Ruhe gönnen. Natürlich wird hier auf den Gesundheitsschutz geachtet, so gut es geht, da Raummangel in den Unis immer ein Problem ist. 

Im November kommen nun die neuen Erstsemesterstudierenden an die Universitäten. Viele haben ihr Abitur unter den Pandemieeinschränkungen geschrieben und müssen nun ihr Studium im Hybridsemester beginnen. Hybrid bedeutet, Online und Präsenz in der Lehre zu mischen. Aber auch die anderen Studierenden sollen teilweise wieder in Präsenz erscheinen. In der Lehre muss der Spagat zwischen Präsenzveranstaltungen und Onlineseminaren gemeistert werden. Das hört sich einfach an – ist es aber nicht. Was ist denn, wenn nach einem Präsenzseminar 30 Minuten später das Onlineseminar stattfindet? Sich einfach in die Bibliothek setzen oder auf den Gang? Das wird wohl aus Gesundheitsschutzaspekten für die Mitarbeitenden nicht möglich sein. Bei der Stundenplanerstellung von zwei Fächern – zum Beispiel auch bei den Lehramtsstudierenden – ist eine Überschneidungsfreiheit ohnehin schon kaum möglich. Da kommt der Wechsel zwischen Präsenz und Online jetzt noch erschwerend hinzu.

Aber das sind nur die Rahmenbedingungen fürs Studium: Wie sich die Studierenden finanzieren sollen, deren Jobs weggefallen sind, ist ja nichts was die Hochschulleitungen interessiert; das müssen die Studierenden selber hinbekommen. Die Finanzierung durch den Bund ist zwar angelaufen, aber die Problematik der Studierenden löst es nicht, denn viel zu Wenige haben Ansprüche. Die einfache Lösung, den Studierenden den Zugang zu Arbeitslosengeld II (Harz IV) zu ermöglichen, wäre meiner Meinung nach besser gewesen.

Die Wissenschaftlichen Mitarbeitenden in der Qualifikation haben die Onlinelehre gestemmt und planen nun aus eigenen Überlegungen heraus, wie eine Hybridlehre aussehen kann. Immer im Hintergrund mit einer Teilzeitbeschäftigung und dem Druck, auch noch die eigene Promotion zu schaffen. Denn die Erhöhung der Quote der Dauerstellen aus den Hochschulverträgen wird von den Hochschulleitungen nicht wirklich freudig umgesetzt.

An den Hochschulen brodelt es, wenn auch derzeit der Deckel noch hält. Ich wünschte, dass sich nicht alle Statusgruppen in ihr Schicksal fügen, sondern sich solidarisieren. Denn gerade bei den jetzigen Rahmenbedingungen wird deutlich, dass Wertschätzung für die Mitarbeitenden fehlt. Wenn etwas gefeiert wird, sind es die Exzellenzmilliarden in der Forschung. Die Hochschule als Lehrbetrieb, die den Grundstein für diesen Erfolg legt, wird als Routine abgetan. Routine ist es für niemanden mehr und war es auch noch nie.   

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46