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Schule

Muttersprache lohnt sich

Die deutsche Sprache zu lernen, ist erste Priorität der Sprachbildung. Großes Potenzial liegt aber auch darin, den Erwerb der Herkunftssprache früh zu fördern.

Foto: GEW BERLIN

Berlin ist eine Stadt der Vielfalt und der Toleranz. In der Berliner Koalitionsvereinbarung ist von der Entwicklung eines Konzeptes der Didaktik der Mehrsprachigkeit die Rede. Dadurch sollen die Angebote an zweisprachiger Erziehung ausgebaut und Möglichkeiten geschaffen werden, die Herkunftssprache als erste oder zweite Fremdsprache zu erlernen und bei Prüfungen anzuerkennen.

Bislang existiert muttersprachlicher Unterricht nur in Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Hessen. Die Nachfrage ist groß und deshalb möchten wir die Vorzüge der Mehrsprachigkeit hier einmal kurz erläutern.

Wer kennt die Begriffe »ndH« oder Jugendliche mit Migrationshintergrund nicht? Schüler*innen fühlen sich zu Recht stigmatisiert, denn die Begriffe werden in Deutschland oft mit Problemen oder Defiziten assoziiert. So wie wir mit Mehrsprachigkeit umgehen, ist es kein Wunder, dass die Sprachbildung an vielen deutschen Schulen ein Problem bleibt.

Sprache als Chance begreifen

Eltern und Großeltern zugewanderter Kinder, können sich besser in ihrer Herkunftssprache ausdrücken. Diese Herkunftssprache vermittelt somit auch kulturelle Werte und stiftet Identität. Deshalb macht es Sinn, dass wenn Kinder eine solche Sprache lernen, sie dies auch richtig tun. Kita und Schule können hier unterstützen. Kinder werden dann nicht nur zur Kommunikation in der eigenen kulturellen Gruppe befähigt, sondern sie erhalten so auch einen besseren Zugang zur Kultur ihres Herkunftslandes.

Wir plädieren dafür bereits im Kindergarten Herkunftssprachlichen Unterricht einzuführen, denn Sprachen werden früh besser erlernt. Das umfängliche Erlernen der Erstsprache vereinfacht das Lernen einer neuen ungemein. Es ist pädagogisch und linguistisch belegt, dass das Erlernen der deutschen Sprache durch das Können der Muttersprache gefördert und eine bessere Persönlichkeitsentfaltung ermöglicht wird. Die frühe Mehrsprachigkeit legt auch die besten Grundlagen für den späteren Fremdsprachenerwerb in Schule und Beruf.

Bei Mehrsprachigkeit werden mehr Schaltkreise im Zentralnervensystem eingerichtet als bei Einsprachigkeit. Sie sind nützlich für die Entwicklung von Intelligenz. Sie verbessert das Gedächtnis, insbesondere das Arbeitsgedächtnis, sowie Sprachwahrnehmung und -verstehen. Weitere Studien haben belegt, dass sogar Mathematikunterricht in der Muttersprache zu größerem Bildungserfolg führen kann.

Die öffentliche Förderung der Mehrsprachigkeit stärkt jedoch nicht nur das Gefühl der Akzeptanz und dahingehend Integration bei Kindern und Jugendlichen, sondern mehrsprachlichkeitsfördernde Strukturen haben auch positive Auswirkungen auf die Eltern. Diese fühlen sich akzeptierter und verstandener.

Angebote für den Spracherwerb ausbauen

In einigen Schulen Berlins werden Türkisch oder Arabisch bereits als Wahlpflichtfächer oder als Arbeitsgemeinschaften angeboten. Der Zuzug vieler arabisch sprechender Menschen erfordert unserer Meinung nach einen weiteren Ausbau der Angebote.

Auch der Zuzug von kurdischen und türkischen Menschen wird unter den momentanen politischen Gegebenheiten vermutlich eher steigen als abnehmen. Berlin hat bereits vor drei Jahren die erste kurdisch-deutsche Kita im Wedding eröffnet, Kreuzberg folgt in Kürze. Nun gilt es das Angebot auszuweiten und Möglichkeiten zu schaffen, das Erlernen der Kurdischen und anderer Sprachen auch an Grund- und Weiterführenden Schulen Berlins und Deutschlands auszubauen.

Unklar ist der Bedarf bei vielen osteuropäischen Sprachen, denn durch die Europäisierung gibt es auch den verstärkten Zuzug von Menschen aus osteuropäischen Ländern. Um uns besser abzustimmen, werden wir zum Tag der Muttersprache im Februar 2018, in Berlin einen Fachtag zu Mehrsprachigkeit anbieten. Wenn wir nicht tätig werden, bleibt die Förderung von Mehrsprachigkeit ein Lippenbekenntnis.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46