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Nr. 49 / 2012

GEW kritisiert Disziplinierung streikender Beamter

Am 05.04. und 09.06.2011 haben mehrere Tausend Lehrerinnen und Lehrer teilweise während der Arbeitszeit für die Verbesserung der Bedingungen an den Berliner Schulen demonstriert. Die Mehrheit von ihnen sind Beamtinnen und Beamte gewesen. 190 Lehrkräfte erhielten oder erhalten derzeit ihre Disziplinarstrafen, nachdem die Personalräte mit der Behörde die Verfügungen erörtert haben. In der Antwort auf die Kleine Anfrage „Folgen des Lehrerinnen- und Lehrerstreiks vom 5. April 2011 für verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer“ (Drucksache 17/11109) legt die Verwaltung ihre Haltung und das Verfahren dar.

In dieser Antwort wird behauptet, die Verwaltung habe wegen des Legalitätsprinzips in Disziplinarverfahren keinen Handlungsspielraum. Dies ist nicht zutreffend. Nach der Einleitung eines Disziplinarverfahrens ist es eine Ermessensentscheidung der Behörde, gemäß Opportunitätsprinzip über den Fortgang selbst zu entscheiden. Hier wäre es sinnvoll gewesen, die Verfahren zum Ruhen zu bringen. Dabei hätte das Land keinen Rechtsverlust erlitten. Alle Seiten hätten ohne Probleme eine endgültige Entscheidung abwarten können, denn die Frage des Streikrechts für Beamtinnen und Beamte liegt dem Bundesverfassungsgericht bereits zur Entscheidung vor.

Ilse Schaad, Beamtenrechtsexpertin der GEW : „Angesichts der Tatsache, dass der Berliner Senat die Statusfrage der Lehrkräfte – verbeamten oder nicht – als politische Willensentscheidung betrachtet und eindeutig zugunsten des Status eines zweifelsfrei streikfähigen Tarifbeschäftigten geklärt hat, ist es unverständlich – ja sogar widersinnig – jetzt die Tätigkeit anlässlich der Beteiligung von Beamten an Protestmaßnahmen als hoheitlich im engsten Sinne  auszulegen. Es wäre vernünftig und angemessen gewesen, wenn die Schulverwaltung die Disziplinarverfahren gegen streikende Lehrkräfte zum Ruhen gebracht und eine abschließende Entscheidung abgewartet hätte, die voraussichtlich erst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte fällen wird. So scheinen die Disziplinierungen allein als ein Mittel zur Einschüchterung.“

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46