Zum Inhalt springen

Nr. 36/2020

Erzieher*innen brauchen mehr Zeit

Nur 28 Prozent der Erzieher*innen in der Berliner Schule haben ausreichend Zeit für die Vor- und Nachbereitung ihrer pädagogischen Arbeit. Das geht aus einer wissenschaftlichen Untersuchung hervor, die die Senatsbildungsverwaltung zur Evaluation der Dienstvereinbarung für die mittelbare pädagogische Arbeit (DVmpA) in Auftrag gegeben hat. Die DVmpA sichert den Erzieher*innen theoretisch vier verlässliche Stunden in der Woche, die diese zur Vor- und Nachbereitung nutzen können. Doch die Untersuchung zeigt: Die vier Stunden reichen bei weitem nicht aus für die anspruchsvollen Aufgaben – und sie können von vielen Erzieher*innen nicht in Anspruch genommen werden, weil zu viele Vertretungsaufgaben dies verhindern.

Der Evaluation der Professoren Michael Brodowski und Heinz Stapf-Finé zufolge haben nur 26 Prozent der befragten Erzieher*innen genug Zeit für die Kooperation mit Eltern und nur knapp 17 Prozent ausreichend Zeit für die Kooperation mit Lehrkräften. Mehr als ein Drittel der 1.200 befragten Erzieher*innen gibt an, gar nicht zur individuellen Förderplanung oder zur Qualitätssicherung zu kommen. 

Als eine Hauptursache dafür, die Zeiten zur Vor- und Nachbereitung nicht nutzen zu können, nennen die Befragten die Vertretung von Lehrkräften; über 30 Prozent geben dies an. Weit über 90 Prozent sind sich einig, wie dem Problem begegnet werden müsse: mehr Personal und mehr Zeit für die mittelbare pädagogische Arbeit.

Kein Grund zum Feiern“ seien die Ergebnisse der Evaluation, sagte die Vorsitzende des Gesamtpersonalrats der allgemeinbildenden Schulen, Marion Leibnitz. „Es hat über vier Jahre gedauert, um mit der Senatsbildungsverwaltung diese Dienstvereinbarung abzuschließen und auch die Veröffentlichung der Evaluation hat die Senatorin seit Februar zurückgehalten. Es muss endlich schneller gehen. Die Senatorin muss mit uns unverzüglich in Verhandlungen zur Verbesserung der Ressourcen treten. Die Herausforderungen der Corona-Pandemie machen dies noch nötiger“, forderte Leibnitz.

Bildung braucht Zeit“, betonte die Vorsitzende der GEW BERLIN, Doreen Siebernik. „Die Ergebnisse der Evaluation bestätigen, was wir im Jahr 2015 mit der Rudow-Studie bereits gezeigt haben. Seither ist leider zu wenig passiert“, kritisierte Siebernik. „Bei der Diskussion um die Qualität Berliner Schulen ignoriert die Senatorin seit jeher den Ganztag. Dabei sind Erzieher*innen ein unverzichtbarer Teil der Berliner Schulen. Im Nachmittagsbereich findet wertvolle pädagogische Arbeit statt, die Zeit erfordert. 23 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit sind nach wissenschaftlichen Standards für die mittelbare pädagogische Arbeit notwendig. Das bedeutet neun Stunden der individuellen Arbeitszeit“, stellte Siebernik klar.

Die GEW-Landesvorsitzende erneuerte auch ihre Forderung, dass es auch in den Berliner Kitas endlich verlässliche Zeiten zur Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit braucht.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46