Zum Inhalt springen

Nr. 21/2024

GEW fordert individuelle, multiprofessionelle Ausrichtung beim 11. Pflichtschuljahr

Anlässlich der heutigen Anhörung im Bildungsausschuss fordert die GEW BERLIN, dass es bei der Umsetzung des vom Senat geplanten 11. Pflichtschuljahres vor allem um eine individuelle und multiprofessionelle Begleitung von jungen Menschen gehen sollte. „Für Jugendliche, die negative Erfahrungen mit der Schule gemacht und vielleicht auch eine Schuldistanz entwickelt haben, darf es kein verpflichtendes Mehr von demselben geben“, betonte Karin Petzold, Leiterin des Vorstandsbereichs Schule der GEW BERLIN, im Bildungsausschuss. „Das 11. Pflichtschuljahr sollte insbesondere zur Förderung der personellen und sozialen Kompetenzen sowie zur Orientierung für den eigenen Weg in die Berufswelt dienen. Die jungen Menschen sollten dazu befähigt werden, fundierte und tragfähige Lebensentscheidungen zu fällen“, erläuterte Petzold.

Die GEW BERLIN begrüßt grundsätzlich die Einführung des 11. Pflichtschuljahres und das damit verbundene Monitoring der Bildungswege der Jugendlichen, damit niemand verloren geht. Bei der Ausgestaltung sollte aus GEW-Sicht die Anschlussorientierung im Fokus stehen. Eine Fixierung auf die „Verwertbarkeit“ von Schüler*innen für eine Ausbildung und den Arbeitsmarkt lehnt die GEW BERLIN ab.

In Bezug auf die konkrete Umsetzung fordert die GEW BERLIN ein Umdenken. „Im 11. Pflichtschuljahr sollte es keinen klassischen Unterricht im Klassenverband geben, sondern auf individuelle Bedürfnisse zugeschnittene Lernpläne. Auf die üblichen Varianten von Lernerfolgskontrollen und Leistungsmessung sollte verzichtet werden“, betonte Petzold. Es sollte zudem eine große Flexibilität und Durchlässigkeit gegeben sein. „Von der konkreten Ausgestaltung des Bildungsganges wird es abhängen, ob das zusätzliche Jahr zu einem weiteren Jahr „Nachsitzen“ verkommt oder ob es echte Perspektiven eröffnet.

Die GEW BERLIN fordert zudem die Bereitstellung von zusätzlichen Personalressourcen. „Viele der circa 3.000 Jugendlichen und jungen Menschen haben psychosoziale oder sozioökonomische Schwierigkeiten. Es braucht eine personelle Ausstattung, die dem komplexen Unterstützungsbedarf der Schüler*innen gerecht wird“, so Petzold. Neben zusätzlichen Lehrkräften sind Lernbegleiter*innen, Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen, Sekretär*innen nötig. Auch zusätzliche Fortbildungsformate sind zu schaffen. „Die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in den berufsbildenden Schulen dürfen sich auf keinen Fall weiter verschlechtern“, forderte das GEW-Vorstandsmitglied.

Damit die Jugendlichen erst gar nicht in einem 11. Pflichtschuljahr landen, sollten aus Sicht der GEW BERLIN vor allem die individuelle Förderung, die psychosoziale Unterstützung und die Berufsorientierung in der Allgemeinbildung gestärkt werden.

Problematisch ist, dass es für Jugendliche mit Behinderungen kein Konzept für schulische Angebote im Rahmen des 11. Pflichtschuljahres gibt. Das Enden der Schulpflicht mit dem 18. Lebensjahr benachteiligt Schüler*innen mit Behinderungen. Petzold fordert: „Hier sollte eine Ausnahmeregelung eingeführt werden, wonach die Schulpflicht erst bei einem Alter von 21 Jahren endet. Schüler*innen mit Behinderungen sind häufig von einem späteren Schulbeginn und/oder längeren Pausen in der Beschulung zum Beispiel aufgrund medizinischer oder therapeutischer Behandlungen betroffen.“ Auch für geflüchtete Jugendliche, die bereits volljährig sind, aber noch keinen Schulabschluss haben, werden negative Konsequenzen befürchtet. „Es dürfen keine neuen Ausschlüsse produziert werden“, forderte Petzold.

Kontakt
Ann-Kathrin Mützel
Geschäftsführerin und Pressesprecherin
Telefon:  030 / 219993-46