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Arbeitsbelastung runter! Bildungsqualität rauf!

Wir wollen einen Tarifvertrag, der die Klassengröße regelt

Warum so und nicht anders, wie genau, wann? Diese FAQ geben einen vorläufigen Überblick über Fragen von Kolleg*innen zum Tarifprojekt. Hinweise und Anregungen sind willkommen. (Stand: 15.03.2021)
Kontakt: vbba(at)gew-berlin(dot)de

+++++ Ein Streik ist eine besondere Situation, die gerade in sozialen und pädagogischen Einrichtungen Unsicherheit verursacht. Wir antworten auf die häufigsten Fragen.+++++

Wir wollen, dass die Klassengröße an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen zukünftig verlässlich in einem Tarifvertrag geregelt wird. Bisher erlässt die Senatsverwaltung eine Verwaltungsvorschrift. Gäbe es stattdessen einen Tarifvertrag, könnte die GEW BERLIN als eure Gewerkschaft Verhandlungen führen. Dann könnten alle Kolleg*innen sich z.B. mit Streiks für bessere Bedingungen einsetzen. Der Tarifvertrag wäre ein grundlegender Paradigmenwechsel in Sachen Klassengröße. Der Grundstein für Mitgestaltung und Verbesserungen wäre gelegt.

Das Ziel ist, in diesem Tarifvertrag eine Verkleinerung der Klassen verbindlich festzuschreiben und so endlich weniger Arbeitsbelastung und mehr Bildungsqualität zu erreichen.

Mit einem Streik müssen die Gewerkschaft und die Streikenden ein tariflich regelbares Ziel verfolgen. Nur wenn der Streik als Mittel eingesetzt wird, um zu einem Tarifabschluss zu kommen, ist er legal. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn das Ziel ein politisches ist und mit Streiks z.B. eine andere Corona-Politik oder schärfere Hygienemaßnahmen erreicht werden sollen. Politische Streiks, z.B. für eine „bessere“ Corona-Politik, sind nicht zulässig, Verordnungen des Arbeitgebers oder Dienstanweisungen lassen sich nicht bestreiken. Sie sind tariflich nicht regelbar und sind daher keine arbeitsrechtlichen Streiks, zu dem die GEW und die anderen Gewerkschaften aufrufen dürfen.

Ganz anders verhält es sich bei unserem Tarifvorhaben: Wir streiken nicht abstrakt für den Gesundheitsschutz in Pandemiezeiten, sondern für die Tarifierung einer konkreten Regelung, die zum Gesundheitsschutz der Kolleg*innen beiträgt. Das Verhältnis von Lehrkräften zu Schüler*innen. Das trägt zum Gesundheitsschutz bei und lässt sich tarifvertraglich regeln.

 

Wir fordern die Festlegung eines Mindestniveaus für die Ausstattung der Schulen mit Lehrkräften, Sozialpädagog*innen und Schulpsycholog*innen für alle Schularten. Für die notwendige Absenkung der Klassengrößen sind zusätzliche Stellen zu schaffen. Bisher geregelte Ermäßigungsstunden für besondere Aufgaben oder Belastungen gemäß der VV Zumessung dürfen nicht reduziert werden. Entsprechendes gilt für bestehende Vorgaben zur Erteilung von Teilungsunterricht oder jahrgangsübergreifende Gruppen aus den Verordnungen für die Schulformen. Mehr dazu im GEW-Forderungsbeschluss der Tarifkommission angestellte Lehrkräfte vom 3. Juni 2021

 

Nein, außer dort, wo es in der VV Zumessung anders vorgesehen ist. Auch soll die Möglichkeit des Teilungsunterrichts erhalten bleiben.

Denkbar wäre ein Ausgleich durch Verkleinerung der Klasse im folgenden Schuljahr. Alternativ könnte man Erschwerniszuschläge oder einen schulischen Gesundheitsfonds vereinbaren. Weitere mögliche Ausgleiche für erteilten Unterricht in Klassengrößen, die nicht dem Tarifvertrag entsprechen, müssen in den Verhandlungen ausgelotet werden.

Nicht alle tariflichen Forderungen werden bei Abschluss des Tarifvertrages sofort umgesetzt werden können. Aber der Tarifvertrag soll auch in die Zukunft wirken und so eine Grundlage zur weiteren Planung sein. Bei Regelungen im Tarifvertrag muss der Arbeitgeber schrittweise für die Umsetzung sorgen. Damit wäre eine echte, verlässliche Perspektive für Arbeitsentlastung geschaffen. Das ist übrigens auch ein kräftiges Argument im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Zu erwarten ist auch, dass eine Verkleinerung der Klassen dazu führt, dass der Krankenstand sinkt, weniger Lehrkräfte frühzeitig aus dem Beruf ausscheiden und weniger Lehrkräfte in Teilzeit gehen.

Nein. Quereinsteiger*innen erhalten Entlastung durch Ermäßigungsstunden, weil sie an Ausbildungsveranstaltungen teilnehmen.

Während der Corona-Pandemie machten zahlreiche Schüler*innen und Lehrkräfte im sogenannten geteilten Klassenunterricht die Erfahrung, welchen Effekt eine halb so große Lerngruppe und die somit doppelt so gute Betreuungsrelation im Unterricht und für den Lernerfolg haben können.

Empirische Ergebnisse zu Lernerfolg, Lehrer*innenbelastung oder zum Lernklima legen positive Effekte kleinerer Lerngruppen nahe.

Eine Reduzierung der Klassengröße führt nicht automatisch zu besserem Unterricht, kann diesen jedoch begünstigen. Eine dieser Bedingungen ist die Fortbildung von Lehrkräften zur Anwendung partizipativer, offener und individuell unterstützender Lehrstile.

Kleinere Klassen können entlastend wirken, so sagen die Kolleg*innen und wissenschaftliche Studien, weil mit weniger Schüler*innen u.a. auch weniger Lärm, weniger Vor- und Nachbereitung, weniger Korrekturen und weniger Absprachen mit Eltern und Kolleg*innen anfallen.

In kleineren Lerngruppen ist eine bessere Lernatmosphäre spürbar, es gibt weniger Störungen und damit bleibt mehr Zeit für individuelles Lernen sowie Beziehungsarbeit. Das alles trägt zur Entlastung und Zufriedenheit von Lehrkräften bei, die so gesund bleiben und ihren Job noch besser machen können. Und Schüler*innen lernen nachweisbar entspannter – und mehr.

Die Klassengröße ist folglich eine wichtige Stellschraube für mehr Bildungsgerechtigkeit, für gelingende Inklusion, für gesunde Pädagog*innen und individualisiertes Lernen.

Bessere schulische Regelungen sollen auch weiterhin möglich sein.

Im Tarifvertrag soll geregelt werden, dass bestehende Teilungs- und Ermäßigungsstunden nicht unterschritten werden. Die VV Zumessung wird dafür als Mindeststandard in Bezug genommen. Wichtig ist vor allem, dass es durch den Tarifvertrag zu keinen Verschlechterungen im Vergleich zur VV Zumessung kommt.

Nein, das gehört zum Direktionsrecht des Arbeitgebers. Tutor*innen- und Klassenleiter*innenstunden sind Sache der Schule. Die Gesamtkonferenz kann im Rahmen von § 79 Abs. 3 Schulgesetz Beschlüsse fassen. Falls notwendig, kann auch der Personalrat zur Unterstützung angesprochen werden. Dieser könnte in die Gesamtkonferenz kommen und die Kolleg*innen dabei unterstützen, zu einer für die Lehrkräfte guten Regelung zu kommen.

Nein, das gehört zum Organisationsrecht des Arbeitgebers und kann keine Tarifforderung sein. Die GEW fordert politisch seit langem eine Erhöhung der personellen Ausstattung.

 

Ja, auch das wird gefordert, möglichst nicht ausgelagert an freie Träger, in folgender Form:

  • Für jeweils 2000 Schüler*innen ist eine Schulpsycholog*innenstelle zu besetzen.
  • Pro 150 Schüler*innen ist jeweils eine Sozialpädagog*innenstelle zu besetzen. An kleinen Schulen ist mindestens ein*e Sozialpädagog*in vorzusehen.

Verweigert ein Arbeitgeber Tarifverhandlungen zu tarifierbaren Sachverhalten, können Gewerkschaften zum Streik aufrufen.

Eine Verkleinerung der Klassen erzeugt Personalbedarf. Wie viele Stellen benötigt würden, ist zum einen abhängig von der konkreten Schule und der Schulstruktur sowie dem jeweiligen Profil der Schule und der Schüler*innenschaft.

Aktuell fehlen zwar Lehrer*innen in Berlin, das wird bei entsprechendem Ausbau der Ausbildungskapazitäten jedoch nicht ewig so bleiben. Im TV Gesundheitsschutz könnte bereits jetzt ein Stufenplan zur Verkleinerung der Klassen mit Blick auf künftig mögliche zusätzliche Einstellungen und Personalaufwüchse vereinbart werden. Damit wäre eine echte, verlässliche Perspektive für Arbeitsentlastung geschaffen. Das ist ein kräftiges Argument im Kampf gegen den Fachkräftemangel.

Der TV Gesundheitsschutz wird zudem positive Effekte in Sachen Personalbedarf haben. Es ist zu erwarten, dass die geringere Arbeitsbelastung in kleineren Klassen dazu führt, dass der Krankenstand sinkt. Es werden weniger Lehrkräfte frühzeitig aus dem Beruf ausscheiden und somit sinkt der durch Langzeiterkrankungen generierte Einstellungsbedarf. Die geringere Belastung in kleineren Klassen könnte außerdem Lehrkräfte in Teilzeit dazu bewegen, ihre Stundenanteile zu erhöhen. Denn für viele Kolleg*innen ist das Argument, in Teilzeit zu arbeiten, dass sie nur so genügend Zeit finden um ihren Job verantwortungsvoll machen zu können.

Diese Möglichkeit hat der Arbeitgeber jederzeit – nicht erst mit Geltung eines solchen Tarifvertrags. Sollte der Arbeitgeber sich allerdings dieser „Keule“ gegen das Tarifprojekt bedienen wollen, erwarten wir eine noch stärkere (Streik)Mobilisierung.

Das kann niemand garantieren, nicht für die Zeit ab Geltung des Tarifvertrags und auch jetzt nicht. Allerdings halten wir die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung aktuell für politisch kaum durchsetzbar.

Hier muss die Einrichtungsgröße zugrunde gelegt werden. Des Weiteren muss ein System zur Evaluation entwickelt werden, was u.a. Instrumente zum Messen der Klassengröße und zum Prüfen der einzuhaltenden Maßnahmen enthält.

So lange der Tarifvertrag läuft und sich im ungekündigten Zustand befindet, besteht Friedenspflicht – es darf also zu den betreffenden Regelungen für diese Zeit nicht gestreikt werden.

Die Arbeitszeit der Lehrkräfte ist in der Arbeitszeitverordnung der Beamt*innen geregelt. Diese gilt nach § 44 TV-L auch für die Tarifbeschäftigten. Der § 44 TV-L ist durch die GEW BERLIN nicht und bundesweit nur gemeinsam mit § 6 TV-L (der allgemeinen Arbeitszeit) kündbar. Die Regelung unterliegt der Friedenspflicht und lässt sich zurzeit nicht bestreiken. Eine Änderung der Arbeitszeit, der Unterrichtsverpflichtung, ist derzeit also nur politisch und nicht durch Arbeitskämpfe im Rahmen von Tarifauseinandersetzungen anzugehen. Die Präsenztage für Lehrkräfte sind in §7 der Erholungsurlaubsverordnung der Beamt*innen geregelt und entziehen sich darum dem Zugriff durch einen Tarifvertrag.

Das Tarifprojekt geht einen völlig neuen Weg. Die Senkung von Klassengrößen sind für Lehrkräfte ein Schlüssel zu mehr Entlastung und damit direkt für alle in Schule beschäftigten Erzieher*innen, die klassenbezogen arbeiten. Für Erzieher*innen in anderen Bereichen und Kitas wären andere rechtliche Grundlagen für die Forderungen in Bezug zu nehmen, die sich in dieser Tarifauseinandersetzung nicht sinnvoll verbinden lassen. Wenn die Tarifauseinandersetzung für die Klassengrößen erfolgreich war, werden wir ähnliche Wege auch für die anderen Kolleg*innen prüfen.

Kontakt
Anne Albers
Leitung Vorstandsbereich Beamten-, Angestellten- und Tarifpolitik
Telefon: 030 / 219993-0
Kontakt
Sara Ziegler
Leitung Vorstandsbereich Beamten-, Angestellten- und Tarifpolitik
Telefon: 030 / 219993-0