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Nr. 1/2024

Mehr Lehrkräfte gewinnen: Studium und Beruf müssen attraktiver werden

Die Vorsitzende der GEW BERLIN, Martina Regulin, hat die Politik aufgerufen, die Lehramtsausbildung und den Lehrberuf attraktiver zu machen. „Die bisherigen Maßnahmen des Senats und der Berliner Hochschulen zur Erhöhung der Zahl der Lehramtsabsolvent*innen reichen nicht aus, um den Lehrkräftebedarf langfristig abzudecken. Mit gut 1.000 Absolvent*innen ist Berlin weit entfernt von der Zielzahl 2.500. Den Einstellungsbedarf von rund 3.000 Lehrkräften pro Jahr werden wir nicht annähernd absichern können“, betonte Regulin in der heutigen Anhörung im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses zum Senatsbericht zur Erhöhung der Zahl der Lehramtsabsolvent*innen. In der aktuellen Diskussion um den Lehrkräftemangel werden nach Auffassung der GEW BERLIN wesentliche Aspekte außer Acht gelassen.

Um die hohe Schwundquote im Bachelorstudium zu verringern, muss der Lehramtsbezug von Anfang an und durchgängig gestärkt werden. Sinnvoll wäre eine durchgängige Begleitung der Lehramtsstudierenden. Hilfreich ist zudem ein Abschluss-Mentoring oder ein spezielles Beratungsangebot, wenn Studierende durch eine Modulprüfung gefallen sind. Nötig ist auch eine stärkere Einbeziehung der Praxiserfahrungen der Studierenden in das Studium. Immer mehr Studierende arbeiten schon im Bachelorstudium als befristete Vertretungslehrkräfte oder pädagogische Assistent*innen in den Schulen. Die Studierenden müssen diese Praxiserfahrungen im Studium reflektieren können, um Theorie und Praxis durchgängig zu verzahnen und gute didaktische Praktiken zu erlernen. Die Anrechnung von Unterrichtstätigkeiten auf das Praxissemester sollten flexibilisiert und ein Stipendienprogramm für die Zeit des Praxissemesters sollte aufgelegt werden.

In der Debatte um Ein-Fach-Lehrkräfte warnt die Vorsitzende der GEW BERLIN vor Illusionen: „Die Ausbildung in nur einem Fach ist kein Allheilmittel zur Behebung des Lehrkräftemangels. Sinnvoll kann sie bei Quereinsteigenden und bei Lehrkräften mit internationalen Lehramtsabschlüssen sein, die noch Studienleistungen in einem weiteren Fach erbringen müssen, um die Gleichstellung ihres Abschlusses zu erhalten. Es muss verhindert werden, dass Ein-Fach-Lehrkräfte dauerhaft schlechter bezahlt werden. Wichtig ist deshalb, dass die Angebote der berufsbegleitenden Weiterbildung zum Erwerb einer Lehrbefähigung in einem weiteren Fach deutlich ausgebaut werden, damit Ein-Fach-Lehrkräfte auch später noch die Kompetenzen in einem zweiten Fach erwerben können.

Regulin wies darauf hin, dass jede strukturelle Änderung in den Universitäten nicht nur Zeit, sondern auch dauerhafte personelle Kapazitäten erfordert: „Eine bessere Betreuung der Studierenden und die Erhöhung des Studienerfolgs gibt es nur mit mehr dauerhaft beschäftigtem Personal mit einer deutlich geringeren Lehrverpflichtung. Seit über einem Jahr liegt der Entwurf der neuen Lehrverpflichtungsverordnung vor. Passiert ist bisher nichts. Die Senatswissenschaftsverwaltung muss endlich ihre Hausaufgaben machen.

Zu den Überlegungen einer dualen Lehramtsausbildung erklärt die GEW-Landesvorsitzende: „Wir sollten uns hier auf das Lehramt berufsbildende Schulen konzentrieren. Die GEW fordert ein einphasiges und duales Masterstudium in diesem Lehramt als zweiten Regelweg, um Meister*innen, Techniker*innen, Erzieher*innen und andere Absolvent*innen mit einer Ausbildung für den Lehrkräfteberuf zu gewinnen.“ Darüber hinaus sollten die Hochschulen im Lehramt berufsbildende Schulen und auch in den MINT-Fächern Vorqualifizierungen, Berufsausbildungen und Berufserfahrungen besser und transparenter auf das Studium anrechnen.

Martina Regulin wies in der Anhörung erneut darauf hin, dass bessere Arbeitsbedingungen in den Schulen essentiell für die Gewinnung von Lehrkräften und Lehramtsstudierenden sind: „Die schönsten Werbekampagnen zur Gewinnung von Lehramtsstudierenden bringen nichts, wenn die Studierenden schon im ersten Praktikum oder als Vertretungslehrkräfte sehen, dass alle überlastet sind, dass Lehrkräfte fehlen, die technische Ausstattung schlecht ist und die Klassen überfüllt sind. Dann müssen wir uns nicht wundern, wenn die Studierenden die Lust auf Lehramt verlieren.

 

 

 

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Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
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