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Nr. 8/2024

Notsituation in Berlins Jugendämtern

Anlässlich des heutigen „World Social Work Day” macht die GEW BERLIN auf die massiven Missstände in den Berliner Jugendämtern aufmerksam. Der dringende Bedarf an sozialer Arbeit in der Stadt wird ignoriert. Die Personalbemessung ist zu gering. Hinzu kommen noch viele krankheitsbedingte Ausfälle. Die Anzahl der Mitarbeitenden in den Jugendämtern muss aufgestockt werden und die Attraktivität der Beschäftigungsbedingungen in den Regionalen Sozialen Diensten muss dringend erhöht werden“, sagt Fabian Schmidt, Leiter des Vorstandsbereichs Kinder-, Jugendhilfe und Sozialarbeit der GEW BERLIN. „Die Jugendämter sind einer der vielen Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe und Sozialen Arbeit, die gerade durch Kürzungen und Personalmangel gefährdet sind. Soziale Arbeit braucht mehr Wertschätzung!“, so Schmidt.  

 

Ein Beispiel für die Notlage ist Neukölln. Dort sind 10 Prozent der Stellen vakant, hinzu kommen mittel- und langfristige Erkrankungen und die Einarbeitung neuer Kolleg*innen. Der Regionale Sozialpädagogische Dienst hat Ende Februar die Schulen informiert, dass aufgrund der personellen Notlage „Standardabsenkungen“ unumgänglich seien. Es gibt keine offenen persönlichen Sprechzeiten mehr, nur eine eingeschränkte telefonische Erreichbarkeit und eine dreimonatige Frist für Anträge auf „Hilfen für Erziehung.“ Besonders problematisch für Schulen ist die Ankündigung des Jugendamts „nicht mehr regelhaft an Schulhilfekonferenzen“ teilzunehmen zu können. Diese werden einberufen, wenn Kinder und Jugendliche einen komplexen Unterstützungsbedarf haben.

 

„Das Zusammenkommen der verschiedenen Professionen aus Schule und Jugendhilfe ist zentral, um Maßnahmen gemeinsam abzustimmen. Wenn das wegbricht, wird es immer schwieriger systemische Lösungen zu finden. Die Kinder und Jugendlichen, die dringend Unterstützung brauchen, sind die Leidtragenden“, schildert Ryan Plocher, Neuköllner Lehrer und Mitglied der GEW-Bezirksleitung. Gerade vor dem Hintergrund der ansteigenden Gewaltvorfälle an Berliner Schulen ist dies der falsche Weg. „Für das Schulpersonal steigt die Belastung. Was die Jugendämter nicht leisten können, müssen die Schulen auffangen. Das führt zu mehr Burnout unter Lehrkräften und Erzieher*innen. Bald hissen Schulen und Jugendamt gemeinsam die weiße Fahne“, prognostiziert Plocher.

 

„Die Dauerüberlastung in den Jugendämtern ist folgenschwer. Der staatliche Auftrag im Kinderschutz kann nicht umgesetzt werden. Anstatt das Problem ernst zu nehmen und zu lösen, schieben sich Senat und Bezirk die Verantwortung gegenseitig zu. Die Auswirkungen dieser Politik spüren zuallererst Kinder und Familien, die die Unterstützung dringend benötigen“, unterstrich GEW-Vorstand Schmidt.

 

Hintergrund: Seit zwölf Jahren weist eine gewerkschaftsübergreifende Arbeitsgruppe „Weiße Fahnen“ auf die Dauerüberlastung in allen Berliner Jugendämtern hin. Mit verschiedenen Aktionen zeigt die GEW am „World Social Work Day” die großen Herausforderungen in den Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit und fordert deutlich bessere Rahmenbedingungen.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46