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Nr. 8/2022

Senat muss sich ehrlich machen: Lehrkräfte werden nicht von alleine kommen

Die GEW BERLIN fordert den Berliner Senat auf, das wahre Ausmaß des Lehrkräftemangels zu realisieren und schnell wirksame Schritte einzuleiten. „Wir brauchen dringend eine echte Ausbildungsoffensive auf Grundlage einer realistischen Bedarfsplanung. Die Prognosen der letzten Jahre und auch die für die Zukunft gehen am tatsächlichen Lehrkräftebedarf vorbei. Der Senat muss sich ehrlich machen: Die Lehrkräfte werden nicht von alleine kommen“, erklärte die Vorsitzende der GEW BERLIN, Martina Regulin im Bildungsausschuss des Abgeordnetenhauses.

Die GEW BERLIN prognostiziert einen nochmal deutlich verschärften Lehrkräftemangel in diesem Sommer. Ende Januar 2022 haben lediglich 356 Lehramtsanwärter*innen ihr reguläres Referendariat abgeschlossen und für Sommer 2022 werden es maximal 380 Lehramtsanwärter*innen sein, darunter lediglich 70 im Grundschullehramt und nur 31 mit sonderpädagogischen Fachrichtungen. Eingestellt werden müssen demgegenüber rund 3.000 Lehrkräfte. Diese Lücke wird auch durch Quereinsteiger*innen nicht geschlossen werden können.

Regulin wies darauf hin, dass der Senat das Problem des Lehrkräftemangels nicht einfach aussitzen kann. Laut Berechnungen der Senatsverwaltung sind bis 2028 mindestens 17.000 neue Lehrkräfte erforderlich, um den vorhergesagten Bedarf zu decken. Demnach wird Berlin von 2021 bis 2028 im Schnitt jährlich 2.125 neue Lehrkräfte unbefristet einstellen müssen. Demgegenüber stehen die knapp 900 Lehramtsabsolvent*innen pro Jahr, die aus Berliner Hochschulen hervorgehen. „Während wir davon ausgehen, dass die realen Bedarfe noch höher liegen werden, führt der Senat die Öffentlichkeit in die Irre, wenn er in seiner Pressemitteilung vom 22.06.2021 ausführt, der Einstellungsbedarf sei „mittelfristig deutlich rückläufig“, kritisierte Regulin. Denn im Bericht der Senatsverwaltung selbst heißt es: „Perspektivisch ist daher nicht mit einer Abnahme des mittelfristigen Einstellungsbedarfs zu rechnen, sondern mit einer Realisierung von Einstellungszahlen, die erkennbar über den aus heutiger Sicht darzustellenden Zahlen liegt.“

Die GEW-Landesvorsitzende Regulin erneuerte im Bildungsausschuss die GEW-Forderung nach einer Ausbildungsoffensive: „Senat und Hochschulen müssen die Lehrkräfte-Ausbildung zur Priorität machen. Alle Maßnahmen zur Bindung von Lehramtsabsolvent*innen beim Übergang ins Referendariat und beim Übergang in den Schuldienst müssen durch eine Task Force des Berliner Senats mit den Universitäten zusammen begleitet werden. Wir brauchen einen Kulturwandel an den Hochschulen“. Regulin drängte außerdem darauf, die Finanzierung der Lehrkräftebildung aus dem Programm „Beste Lehrkräftebildung für Berlin“ für die Zeit ab 2023 zu verlängern. „In den Hochschulverträgen müssen verbindliche Vereinbarungen der Universitäten für die Lehrkräfteausbildung verankert werden. Ziel muss die Verbesserung der Studienbedingungen im Lehramt sein. Auch der Quereinstieg muss verbessert und ausgebaut werden und Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung bzw. Seiteneinsteiger*innen müssen gezielt für die Quereinstiegs-Masterstudiengänge der Universitäten gewonnen und unterstützt werden“, so Regulin.

Die GEW-Landesvorsitzende betonte abschließend: „Will das Land Berlin mehr Lehrkräfte gewinnen, muss die Attraktivität des Berufs gesteigert werden; durch Kleinere Klassen, multiprofessionelle Teams und mehr unterstützendes Personal.“ Die GEW BERLIN kritisiert vor diesem Hintergrund besonders, dass in den Lehrkräftebedarfsprognose die dringend notwendigen pädagogischen Verbesserungen unberücksichtigt bleiben. Als besonders schwerwiegend erachtet es die GEW BERLIN, dass in der Prognose keine feste Vertretungsreserve vorgesehen ist. Die Notwendigkeit einer festen Vertretungsreserve von 10 Prozent hatten fast alle demokratischen Parteien in ihren Wahlprogrammen anerkannt. „Ein hochwertiges pädagogisches Angebot für alle Kinder und Jugendlichen ist nur auf Grundlage einer realistischen Bedarfsplanung erreichbar“, betonte Regulin.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46