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bbz 09 / 2019

Dauerstellen für Daueraufgaben

Die Alice-Salomon-Hochschule veranstaltete im Mai eine Tagung zu Lehrbeauftragten an Hochschulen

Foto: Charles Yunck

Der Blickwinkel der Lehrbeauftragten zog sich wie ein roter Faden durch alle Vorträge dieser Tagung an der Alice-Salomon-Hochschule (ASH). Zu oft kommen bei den hochschulpolitischen Diskussionen zuerst alle anderen Statusgruppen vor, bevor am Ende die Lehrbeauftragten noch schnell erwähnt werden. Nicht so dieses mal. Zu begrüßen ist auch, dass zwei ASH-Lehrbeauftrage, Nuran Ayten und Halil Can, als Beobachter*innen dabei waren und ihre eigenen Impressionen am Tagungsende wiedergaben.

»Hire-and-Fire-Lehrende [...] sind eher männlich als weiblich«. Das ist das Ergebnis einer Studie von Roland Bloch und anderen unter dem Titel »Wer lehrt warum? Strukturen und Akteure akademischer Lehre an deutschen Hochschulen.« Doch wenn man die große Heterogenität der Gruppe der Lehrbeauftragten berücksichtigt, stellt sich die Frage ihrer Beweggründe. So formulierte Tobias Schulze (Die Linke) die These, dass Männer öfter in der Situation sind, als gut Situierte einen Lehrauftrag zu übernehmen, wobei Frauen es tun, weil sie sich damit über Wasser halten. Er sprach sich für eine neue Personalkategorie an Universitäten aus, die eine dauerhafte und eigenständige Lehre und Forschung ermöglicht. Im Laufe der Diskussion wurde mehrfach erwähnt, dass die Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes ansteht und der Hochschulpakt viele Chancen mit sich bringt.

Professor Bernd Käpplinger berichtete über den Stand der Kenntnisse zu den Lehrbeauftragen in der Weiterbildungsforschung und an deutschen Hochschulen. Hanna Beneker, ASH-Gastdozentin, hielt einen aufschlussreichen autobiographischen Beitrag, in dem sie deutlich machte, was die jahrelange Unterbezahlung und Unsicherheit für den Lebensweg bedeuten. Während die wissenschaftlichen Kenntnisse und die statistischen Angaben über die Lehrbeauftragen dünn sind, zeigte der Vortrag von Beneker sowie die darauf folgenden Beiträge aus dem Publikum, wie wichtig der Input von Betroffenen ist.

Eine lebhafte aber einmütige Podiumsdiskussion

Es folgte eine lebhafte Podiumsdiskussion unter der Moderation von Professorin Ulrike Eichinger, Mitglied der Kommission Akademische Mitarbeiter*innen (KAMA) an der ASH. Auf dem Podium saßen die drei wissenschaftlichen Sprecher*innen der Koalitionsparteien im Abgeordnetenhaus – Ina Czyborra (SPD), Catherina Pieroth (Bündnis 90/Die Grünen) und Tobias Schulze. Sie gaben einen Einblick in den Stand der Vorbereitungen für das zu novellierende Berliner Hochschulgesetz (siehe dazu die kommende Oktoberausgabe der bbz). Das Podium wurde komplettiert von Stefani Sonntag, Referentin für Wissenschaft im Hauptvorstand der GEW, Astrid Reinecke, Vertreterin der AG-Lehrbeauftragten an der Universität Erfurt, sowie zwei weiteren Mitglieder der KAMA, Zara Büsse und Nadja Damm.

Die drei Abgeordneten betonten, dass die Berliner Politik nicht will, dass Lehraufträge weiterhin für Billiglehre missbraucht werden und der Koalitionsvertrag Dauerstellen für Daueraufgaben vorsieht. Ein Pakt gegen prekäre Beschäftigung in der Gesellschaft ist notwendig, unterstrich Czyborra, auch weil Lehraufträge oft zu Altersarmut führen. Für die Vertreterin der GEW darf die Lehre als strategische Aufgabe der Hochschulen nicht weiter mit Dumpinglöhnen »nach außen verlagert« werden.

Reinecke erinnerte daran, dass für eine bessere Eingliederung der Lehrbeauftragten das passive Wahlrecht in den Hochschulgremien notwendig ist. Die Lohnfortzahlung bei Krankheit, die erforderliche Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes, damit Lehrbeauftragte durch den Personalrat vertreten werden, wurden ebenfalls von den Mitgliedern der KAMA thematisiert. Eine weitere Forderung ist die Erhöhung der Vergütung der Lehraufträge, bei der Altersarmut nicht mehr zu befürchten ist. Dafür sollte das Stundenhonorar bis auf 120 Euro pro Unterrichtseinheit angehoben werden, wie von der GEW vorgeschlagen.