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Recht & Tarif

Der Tarifabschluss kann uns nicht zufrieden stellen

Die GEW BERLIN hat in der abgeschlossenen Länder-Tarifrunde erneut gezeigt, wie streikfähig sie ist. Das Tarifergebnis ist leider dennoch enttäuschend.

Foto: Christian von Polentz

In der dritten Verhandlungsrunde zwischen den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und der Tarifgemeinschaft deutscher Länder kam es am 30. November 2021 in Potsdam zum Tarifabschluss. Für den Organisationsbereich der GEW BERLIN sind die Ergebnisse schnell zusammengefasst: Eine steuer- und sozialversicherungs­freie Einmalzahlung* von 1.300 Euro bei Vollzeitbeschäftigung; 2,8 Prozent mehr Gehalt ab dem 1. Dezember 2022; die Vertragslaufzeit beträgt 24 Monate, zum 30. September 2023 können die Entgelttabellen erstmals gekündigt und dann neu verhandelt werden. Die Bundestarifkommission Länder der GEW (BTK-L) hat das Ergebnis angenommen, gleichzeitig den Abschluss aber deutlich kritisiert.

Die GEW BERLIN hat in dieser Tarifrunde erneut den bundesweit größten Anteil der Streikenden auf die Straße gebracht – mit großem Abstand. Insgesamt 20.000 Kolleg*innen folgten den Streikaufrufen an den drei Streiktagen. Das Tarifergebnis spiegelt dieses Engagement nicht angemessen wider.

Corona hat die Tarifrunde erschwert

Die Tarifrunde fand unter schwierigen Vorzeichen statt, die nicht nur von der Pandemie, sondern auch von einer totalen Blockadehaltung der Arbeitgeber geprägt war. Die Arbeitgeber verweigern seit 2019 diverse Gespräche mit dem Verweis, die Gewerkschaften hätten ihre Zusage zu Gesprächen über das Eingruppierungsrecht nicht eingehalten. Mit dieser Begründung wurden auch die bereits seit 2017 zugesagten Gespräche zur Weiterentwicklung des Tarifvertrages zur Eingruppierung der Lehrkräfte nicht geführt. Am Ende wurde in dieser Tarifrunde weder eines der dringend notwendigen Themen der Lehrkräfte noch eine andere der überfälligen Änderungen, wie die stufengleiche Höhergruppierung, behandelt. Neben den genannten Entgelterhöhungen konnte lediglich ver.di noch eine Erhöhung von bestehenden und die Einführung von neuen Zulagen im Gesundheitsdienst vereinbaren.

Kritisiert haben wir vor allem die sehr späte Entgelterhöhung und die nicht nachhaltige, weil nicht auf die Tabellen wirkende, Einmalzahlung. Die von ver.di favorisierte und schon in zwei Abschlüssen vorher (Hessen und Bund) eingeführte Corona-Sonderzahlung bringt diverse Probleme mit sich. Sie wirkt sich prozentual sehr unterschiedlich aus und benachteiligt dabei die Beschäftigten in höheren Stufen und Entgeltgruppen, weil hier die Nettoprämie das Entgelt prozentual geringer erhöht. Gleichzeitig werden die individuellen Zahlungen in die Rentenversicherung und die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) in den nächsten 14 Monaten nicht erhöht.

Viele Leermonate sind besonders problematisch

Insgesamt drücken die 14 Monate ohne Entgelterhöhung, so genannte Leermonate, den nach SGB VI zu berechnenden Rentenwert, weil die vom Statistischen Bundesamt zu ermittelnden Bruttolöhne für die Beschäftigten im TV-L nicht steigen. Über den sogenannten Nachhaltigkeitsfaktor kann sich das auch noch in Zukunft in der Rentenanpassungsformel nachteilig auswirken.

Die Erhöhung um 2,8 Prozent kommt dann zum 1. Dezember 2022 viel zu spät und viel zu gering, um hier korrigierend zu wirken. Insgesamt wird das Ergebnis für die unteren Entgeltgruppen einen Ausgleich der prognostizierten Inflation bringen und für die oberen Entgeltgruppen eher einen Reallohnverlust darstellen.

Daher konnte uns der Abschluss nicht zufrieden stellen. Die BTK-L hat daher auf unseren Berliner Vorschlag beschlossen, sowohl das Zustandekommen des Ergebnisses als auch die daraus zu ziehenden Konsequenzen auf einer Strategiekonferenz zu klären. In der Zukunft muss es uns gelingen, die auf der Straße gezeigte Stärke auch am Verhandlungstisch zum Ausdruck zu bringen.

Die Beschäftigten in Schulen und Kitas haben nun seit fast zwei Jahren ihre Gesundheit täglich aufs Spiel gesetzt, um den öffentlichen Dienst funktionsfähig zu halten. Die Haltung der Arbeitgeber in dieser Tarifrunde und das Ergebnis werden dem leider nicht gerecht. Wir bedanken uns bei allen Kolleg*innen, die sich in der Tarifrunde eingesetzt haben.

*Nach § 3 Nr. 11a. Einkommensteuergesetz sind zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer*innen in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1 500 Euro steuerfrei.

Fragen und Antworten zum Tarifabschluss: www.gew.de/dasgewinnenwir/fragen-und-antworten

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Privat:  030 / 219993-46