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Internationales

Erneute Angriffe erschweren die Bildungsarbeit

Die Attacken der Türkei auf das Autonomiegebiet Nord- und Ostsyrien verstoßen gegen internationales Recht. Die GEW bekundet ihre Solidarität mit ihrer Partnergewerkschaft.

FOTO: YEKITÎYA MAMOSTÊYEN

Von deutschen Medien wurden die erneuten Angriffe des türkischen Militärs auf das Autonomiegebiet Nord- und Ostsyrien kaum beachtet. Während der türkische Präsident Erdogan heuchlerisch ein Ende des Bombardements auf Gaza forderte, ließ er selber über 200 Angriffe auf die Kurd*innen in Syrien fliegen. Dabei wurden gezielt Schulen, Krankenhäuser und Wasserversorgung attackiert. 48 Schulen wurden so stark beschädigt, dass für über 8.000 Schüler*innen kein Unterricht mehr stattfinden kann. Unter elf Todesopfern waren auch zwei Grundschüler*innen.

David Edwards, der Generalsekretär der Bildungsinternationale, die rund 400 Bildungsgewerkschaften in 170 Ländern vertritt, forderte die sofortige Einstellung der Angriffe durch die Türkei und verwies auf die Genfer Konvention, der zufolge bei kriegerischen Handlungen die Zivilbevölkerung zu schützen sei. Die GEW-Vorsitzende Maike Finnern wandte sich in einem Solidaritätsschreiben an die Co-Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft Yekîtiya Mamosteyên in Nord- und Ostsyrien, Nesrîn Reşik.

 

Zugang zu Bildung bedroht

 

Bei einem Online-Austausch mit GEW-Mitgliedern beschrieben die Kolleg*innen mehrerer Regionalbüros unserer Partnergewerkschaft die katastrophalen Auswirkungen der türkischen Angriffe. Durch die gezielte Zerstörung wesentlicher Infrastruktur wie Trinkwasser-, Strom- und Gesundheitsversorgung sowie Bildungseinrichtungen wurden der Bevölkerung Grundlagen für ein normales Leben genommen. Durch den Einsatz von bewaffneten Drohnen werden immer wieder Zivilist*innen getötet und schwer verletzt. In der Bevölkerung herrscht große Angst, weswegen Eltern ihre Kinder nicht regelmäßig zum Unterricht schicken.

Die Kolleg*innen unternehmen jede mögliche Anstrengung, um den Zugang zu Bildung trotz der massiven Einschränkungen zu ermöglichen. Sie suchen Familien auf, versuchen sie zu ermutigen, ihre Kinder zum Unterricht zu schicken. In den Gesprächen versuchen sie ihnen Mut zu machen, sich durch die türkischen Angriffe nicht vertreiben oder in die Emigration zwingen zu lassen. Denn gerade in den Städten und Dörfern, die in den Grenzgebieten zur Türkei liegen, besteht die Gefahr einer erneuten türkischen Invasion.

Die Lehrkräfte sehen sich mit total überfüllten Klassenräumen, traumatisierten Kindern und Jugendlichen sowie deren Eltern konfrontiert. Normaler Unterricht ist unter diesen Umständen kaum noch möglich. Wie auch nach dem Erdbeben im Februar 2023 müssen ständig Planungen umgestellt oder Projekte ganz aufgegeben werden.

 

Syrisches Regime unterdrückt kurdische Sprache

 

Eine Kollegin aus der Region Afrin/Shehba berichtete über die zusätzlichen Belastungen, denen Kolleg*innen ihrer Region tagtäglich ausgesetzt sind. 2018 erfolgte die völkerrechtswidrige Besetzung von Afrin. Die dominant kurdischsprachige Bevölkerung floh in das Gebiet von Shehba, das bis heute gemäß dem Gesellschaftsvertrag von der demokratischen Föderation Nordsyrien verwaltet wird. Auch die Erziehung erfolgt nach dessen Grundsätzen (siehe bbz 9/10 2023). Shehba ist von seiner Lage her eine Enklave, begrenzt von dem syrischen Staatsgebiet und dem türkischen Besatzungsgebiet.

Alle Güter können nur über von der syrischen Regierung kontrollierte Checkpoints nach Shehba gelangen. Die Einfuhr der von der Selbstverwaltung erstellten zweisprachigen arabisch-kurdischen Lehrwerke wird unterbunden. In den fünf Camps, in denen die geflüchteten Familien leben, ist zwar UNICEF vertreten, bietet aber nur Material in Arabisch an. Der Zugang zu Lehrwerken erfolgt deswegen weitgehend über elektronische Geräte, was das Unterrichten enorm erschwert. Gedrucktes selbst herzustellen, ist bisher nur bedingt möglich.

 

Auch von unserem Landesverband aus kann Unterstützung geleistet werden, zum Beispiel durch eine Mitarbeit in der Koordinierungsgruppe, in der sich GEW-Mitglieder verschiedener Landesverbände zusammengeschlossen haben. Kontakt über LAMA/Internationales: sigrid.masuch(at)extern.gew-berlin(dot)de

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46