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Schule

Fünf Noten für Deutsch

Vor wenigen Jahren wurde die Zahl der Teilbereiche in Deutsch, die auf dem Zeugnis ausgewiesen werden müssen, in Berlin und Brandenburg von vier auf fünf erhöht. Zwischen Zensurenhektik und Zensurenwahn.

Foto: IMAGO

Jedes Schuljahr wieder fragen sich viele Lehrkräfte mit dem Fach Deutsch, wie sie es schaffen sollen, in jedem Halbjahr in jedem Bereich genügend Noten zu vergeben, damit eine aussagekräftige Zeugnisnote zustande kommt.

Die Mutter einer Schülerin beschwerte sich einmal, dass ich andauernd Kurzkontrollen schreibe. Sie warf mir »Zensurenwahn« vor.

Zum Glück durfte coronabedingt in den letzten Jahren auch einfach nur eine Gesamtnote vergeben werden, wie es in anderen Bundesländern üblich ist. Für viele Lehrkräfte war das eine enorme Erleichterung. Uns graut es jedoch vor dem Schuljahr, in dem das nicht mehr möglich ist. Es ist nicht mehr wichtig, was wir machen, wie wir vorankommen und welchen Nutzen das für die Schüler*innen hat, es zählt nur noch, ob man dafür eine Zensur geben kann.

 

Die Fragen hinter der Gesamtnote

 

Es wäre mal interessant, wie viele Schulen von der Möglichkeit einer Gesamtnote in den »Corona-Jahren« Gebrauch gemacht haben. Es muss ja in jeder Schule in der Fachschaft Deutsch abgestimmt werden und es gibt sicher in jeder Schule Kolleg*innen, die es ganz wichtig finden, dass die Teilbereiche ausgewiesen werden. Bei uns auch. Diese Kolleg*innen finden das wichtig, weil eine Gesamtnote alleine ja nichts darüber aussagt, wie gut ist jemand in Lesen, im Rechtschreiben, in der Grammatik oder im Verfassen von Texten. Allerdings sagt eine »Gesamtnote« im Bereich Rechtschreiben auch nichts darüber aus, wie gut beherrscht da jemand die Zeichensetzung, die Großschreibung der Nomen, die Trennung am Zeilenende, die Schreibung von Fremdwörtern oder die Schreibweisen des stimmlosen und des stimmhaften s-Lautes. Brauchen wir dann also nicht auch Unterteilbereiche für den Teilbereich Rechtschreiben auf dem Zeugnis? Auch die »Gesamtnote« für die Grammatik, die sich hinter »Sprachwissen und Sprachbewusstheit« verbirgt, sagt nichts darüber aus, wie gut jemand Wortarten und Satzglieder kennt. Kann man beides gleich gut, wenn man in diesem Teilbereich eine 2 auf dem Zeugnis hat?

Seltsamerweise gibt es bei den anderen Fächern keine Teilbereiche auf dem Zeugnis. Folgte man der Argumentation oben, dass eine Gesamtnote nicht aussagekräftig genug ist, dann bräuchte man doch auch in Mathematik Teilbereiche: fürs Kopfrechnen, für das Einmaleins, für Geometrie, für Multiplikation, Division, Subtraktion, Addition, für Sachaufgaben und so weiter. In Sport sollten dann beispielsweise Leichtathletik, Ballsportarten und Geräteturnen ausgewiesen sein oder in Englisch doch wenigstens der mündliche und der schriftliche Sprachgebrauch. Seltsamerweise wurde aber genau das in Englisch abgeschafft, als die Zahl der Teilbereiche in Deutsch erhöht wurde. In Englisch gibt es jetzt nur noch eine Gesamtnote auf dem Zeugnis. Warum ist in Englisch nicht mehr wichtig, wie jemand schriftlich oder mündlich diese Fremdsprache beherrscht? Ich wünsche mir für Deutsch auch eine Zusammenfassung einiger Teilbereiche und halte das für problemlos möglich.

Schon vor Jahren las ich in der bbz den Vorschlag, die fünf Bereiche zu drei Bereichen zusammenzufassen: Schriftlicher und mündlicher Ausdruck; Literatur und Medien; Rechtschreiben und Grammatik.

Ich selbst könnte mir auch noch eine deutlichere Zusammenfassung in Deutsch vorstellen, nämlich einfach: mündlicher und schriftlicher Sprachgebrauch. In manchen Bundesländern gibt es sogar nur eine Note für Deutsch auf dem Zeugnis. Auch damit könnte ich leben.

Bliebe noch die Frage, wie Eltern bei solchen »Zusammenfassungen« noch davon erfahren, wie ihr Kind in den Teilbereichen eines Faches steht? Na, durch die Ergebnisse der Kurzkontrollen und Klassenarbeiten, die Mitteilung mündlicher Noten und durch Gespräche mit den Lehrkräften am Elternsprechtag oder einfach auf Anfrage.

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46