Gewerkschaft
LDV unter schwierigen Bedingungen
Endlich ist der Geschäftsführende Landesvorstand vollständig gewählt. Nachdem auf der Landesdelegiertenversammlung im Juni die Wahlen aus Zeitgründen nicht alle durchgeführt werden konnten, stand am 22. November die Wahl des GLV abermals auf der Tagesordnung.
Zwischenzeitlich hatte es so ausgesehen, als wolle das Schicksal erneut einen ordentlich gewählten Vorstand verhindern. Denn kurzfristig wurde im Rahmen der Länder-Tarifrunde ein bundesweit koordinierter Streiktag auf den ersten Tag der LDV gesetzt. Da die GEW BERLIN eine zentrale Rolle spielt, wenn es darum geht, auf der Straße Stärke zu zeigen, stand zwischenzeitlich die gesamte Planung auf der Kippe. Am Ende gelang es uns jedoch unter dem großen Einsatz vieler Beteiligter, Streik und LDV unter einen Hut zu bekommen. Der Solidaritätsbesuch der Delegierten beim Streik wurde morgens in die Tagesordnung aufgenommen und Busse fuhren die Delegierten zur Demo am Großen Stern und wieder zurück, damit für Wahlen und Antragsberatung nicht zu viel Zeit verloren geht.
Vorstand ist endlich komplett
Am Nachmittag des ersten Tages stellten sich dann Anne Albers und Sara Ziegler für die Leitung des Vorstandsbereichs Beamten-, Angestellten- und Tarifpolitik zur Wahl. Sie stellten sich vielen Fragen der Delegierten und erreichten im zweiten Wahlgang die erforderliche Mehrheit der Stimmen. Für die Teams Lydia Puschnerus und Karin Petzold (VB Schule), Christiane Weißhoff und Fabian Schmidt (VB Kinder-, Jugendhilfe und Sozialarbeit), Laura Pinnig und Laura Haßler (VB Hochschulen und Lehrer*innenbildung) sowie Marie Viney und Christoph Wälz (VB Öffentlichkeitsarbeit) reichte es jeweils im ersten Wahlgang. Sie komplettieren damit den Geschäftsführenden Landesvorstand, dem außerdem die im Frühjahr gewählten Vorsitzenden Martina Regulin und Tom Erdmann sowie die Leitung des Vorstandsbereichs Finanzen, Heike Willert und Uwe Friese, angehören.
Ebenfalls gewählt wurden die Vertreter*innen der GEW BERLIN im Hauptvorstand der GEW, dem höchsten beschlussfassenden Gremium zwischen den Gewerkschaftstagen. Gewählt wurden Heike Willert und Tom Erdmann. Martina Regulin besetzt als Vorsitzende das dritte Berliner Mandat über ihre Zuständigkeit für den Koordinierungsvorstand, die Runde der 16 Landesvorsitzenden mit dem Geschäftsführenden Vorstand. Als Kassenprüfer*innen wurden Daniel Wehry, Volker Göbeler, Peter Baumann und Ilse Schaad gewählt. Und für die Schiedskommission wurden Rosemarie Pomian, Udo Jeschal und Erdmute Safranski im Amt bestätigt. Stellvertreter ist Knut Langenbach. Gratulation an alle Gewählten!!!
Kontroverse Debatten zum Nahostkonflikt
Schwerpunkt der Beratung bildeten am ersten Tag dann die zwei vorliegenden Anträge zum Terroranschlag in Israel und dem Krieg in Gaza. Während die Debatte sehr sachlich und geordnet verlief, versagte die Technik bei der Darstellung der zahlreichen Änderungsanträge. Die Abstimmung über einen der beiden Anträge musste dann auch auf den Folgetag verschoben werden, um es allen Delegierten zu ermöglichen, den Antragstext vorab in Ruhe zu lesen. Beschlossen wurden am Ende beide Anträge (mit Änderungen), mit durchaus unterschiedlicher Ausrichtung und jeweils nur mit knapper Mehrheit. Das zeigt auch, wie kontrovers der Konflikt in der Gesellschaft und auch in der GEW diskutiert wird. Der Geschäftsführende Landesvorstand steht nun vor der Herausforderung, mit diesen Widersprüchen umzugehen.
In beiden Anträgen wird aber folgendes festgeschrieben: Die GEW BERLIN verurteilt den grausamen Angriff der Hamas auf Israel aufs Schärfste. Sie ist solidarisch mit den israelischen und den palästinensischen Opfern in diesem Konflikt. Sie ist außerdem der Auffassung, dass die Sicherheit Israels und der Frieden in der Region langfristig nur denkbar sind, wenn die Palästinenser*innen eine Aussicht auf demokratische Selbstbestimmung und Freiheit haben. Die vom Berliner Senat im Zuge der vielen Demonstrationen eingeleiteten Schritte zur Begrenzung der Meinungs-, Demonstrations- und Redefreiheit lehnt die GEW BERLIN ab. Im LDV-Beschluss heißt es dazu: »Auch wenn die ohnehin schwierige Situation an den Schulen und Bildungseinrichtungen sich durch den aktuellen Krieg im Nahen Osten sehr verschärft hat, rechtfertigt das nicht, das schulische Personal aufzufordern, (…) Verdachtsfälle strafbarer Handlungen unmittelbar der Polizei zu melden, wie die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie in ihrem Rundschreiben vom 13.10.2023 empfiehlt. (…) Dies ist eine bildungspolitische Bankrotterklärung. Das Rundschreiben lässt insgesamt jedes Verständnis darüber vermissen, wie wichtig vertrauensvolle Gespräche und Aufklärung für Schülerinnen und Schüler und den Schulfrieden sind«, so heißt es im Beschluss.
Die GEW BERLIN wird sich entschlossen gegen alle politische Strömungen wehren, die die Situation zur Verbreitung antisemitischer Ideologien nutzen wollen. Angesichts des großen Konfliktpotentials für die Berliner Schulen, fordert die GEW eine intensive und langfristige Unterstützung durch die Senatsverwaltung. Diese könne nicht nur durch die Bereitstellung von Materialien erfolgen, sondern erfordere langfristige psychologische und sozialpädagogische Unterstützung und kontinuierliche Beratung aller Beschäftigen. »Es ist aktuell eine besonders hohe Herausforderung für Schulleitungen, Lehrkräfte, (Schul-)Sozialarbeiter*innen und Erzieher*innen, die Schulen für alle Kinder und Jugendlichen zu einem sicheren Ort zu machen. Die Schulen und Bildungseinrichtungen müssen unbedingt darin unterstützt werden, Kinder und Jugendliche mit ihren Sorgen, Ängsten und ihrer Wut aufzufangen. Insbesondere Kinder und Jugendliche sowie Pädagog*innen, die Angehörige oder Bekannte in Israel oder Gaza haben, müssen psychologisch unterstützt werden«, so der Beschluss.
Die Delegierten beschlossen auch eine Umbenennung des Vorstandsbereichs Öffentlichkeitsarbeit in »Mitgliederaktivierung und Mitgliederzeitschrift«. Denn die Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit verantwortet schon seit einigen Jahren die Geschäftsführung, während sich die ehrenamtliche und frisch gewählte Leitung des Vorstandsbereichs, Christoph Wälz und Marie Viney, um die bbz und die Aufgabe der Mitgliederaktivierung kümmert. Die seit 2020 erfolgte Schwerpunktverlagerung, die auf große Zustimmung gestoßen ist, wird mit der Satzungsänderung nun verstetigt.
Eine große Zustimmung unter den Delegierten erreichte auch der Antrag zur Gründung einer eigenen GEW-Fachgruppe für Pädagogische Unterrichtshilfen. Es fehlte aber das notwendige Quorum für eine Satzungsänderung. Diesen Antrag werden wir also möglicherweise bei der nächsten LDV wiedersehen, die am 4./5. Juni 2024 stattfindet.
Ebenfalls beschlossen
Pädagogische Unterrichtshilfen: Die GEW setzt sich für eine Höhergruppierung aller PU in die Entgeltgruppe 10 ein. Die GEW setzt sich außerdem dafür ein, dass die Berufsbezeichnung »Pädagogische Unterrichtshilfe« geändert wird und künftig das Wort »Lehrkraft« beinhaltet.
Nachteilsausgleich: Die GEW fordert vom Senat, den Nachteilsausgleich für alle Lehrkräfte, die nicht verbeamtet werden können oder wollen, deutlich zu verbessern.
Ganztag: Die GEW BERLIN lehnt die Bezeichnung »ergänzende Förderung und Betreuung« für den Ganztag ab und fordert stattdessen die Verwendung der Formulierung »Ganztägige Bildung, Erziehung und Betreuung« von der Senatsverwaltung. Das Jubiläum »20 Jahre Ganztagsgrundschulen« will die GEW mit einer Social Media Aktion und einem Fachtag begehen.
Soziale Arbeit: Die GEW BERLIN fordert das Land Berlin auf, sich im Bund für eine Stärkung der finanziellen Mittel in der Sozialen Arbeit einzusetzen.
Alle Beschlüsse: www.gew-berlin.de/positionen-beschluesse