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Gewerkschaft

Leben, kämpfen und verhandeln

Ein Nachruf auf unseren Kollegen Klaus Büscher.

Foto: privat

Am 26. Dezember 2023 ist Klaus Büscher im Alter von 76 Jahren gestorben. Bis zu seinem Ruhestand 2011 prägte er maßgeblich das Profil der GEW BERLIN.

Klaus hatte es zunächst mehr oder weniger zufällig zur GEW BERLIN verschlagen. Er war Diplompolitologe, Absolvent des Otto-Suhr-Instituts an der FU Berlin und wurde 1978 – mitten in der Zeit der Spaltung – für die Mitgliederverwaltung in der GEW BERLIN eingestellt. Bald nach der Fusion der beiden GEWs arbeitete er mit halber Stelle schon für das damalige Referat A, ab 1981 wurde er dessen erster hauptamtlicher Referent.

Damit konnte sich Klaus von der – wie er sie nannte – »spanabhebenden Datenverarbeitung« abwenden und sich mit Haut und Haaren in die politische Arbeit stürzen. In dieser Funktion war er für eine ganze Generation erster Ansprechpartner in Sachen Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsrecht, für Arbeits- und Beamtenrecht.

Auch privat war die GEW BERLIN prägend: Er lernte hier Karin kennen, mit der er bis zu seinem Tode mehr als 40 Jahre verheiratet war und zwei Söhne großzog.

Wer immer die gewählte Leitung des Referates A (heute VBBA) war, Klaus prägte die »neue« Linie in der GEW BERLIN im Bereich der Personalvertretungen entscheidend mit.

GEW-Personalrät*innen sollten ihre Ehrenämter politisch ausüben, im Interesse der Kolleg*innen, die sie vertreten. Das ging (und geht) nur, wenn sie kämpferisch, gut informiert, untereinander gut vernetzt, formal unangreifbar, unabhängig von Schulaufsicht und Verwaltung, sicher in Verhandlungen und bei allen Beschäftigten bekannt sind. Dazu organisierte Klaus Grund- und Spezialschulungen und gab regelmäßig die »Aktuelle Rechtsprechung« heraus, zu deren Abonnent*innen neben der Verwaltung auch eine Reihe von Verwaltungsrichter*innen gehörten.

Seitdem treffen sich Vertreter*innen der örtlichen Personalräte alle zwei Wochen dienstags in der GEW-Geschäftsstelle und besprechen gemeinsam die Probleme vor Ort – von Einstellungen über Dienstliche Beurteilungen, Fristverträgen, Verbeamtungen, Disziplinarverfahren, Beamtenstreiks bis zu Kündigungen. In der PR-AG werden bis heute die Grundsätze diskutiert, die für alle GEW-Personalratsmitglieder gelten. Klaus hatte einen ganz großen Anteil daran, dass es die GEW BERLIN war, die durch einheitliches und abgestimmtes Verhalten »ihrer« Personalrats- und Betriebsratsmitglieder eine Interessensvertretung aus einem Guss garantierte.

Nach und nach organisierten sich auch Beschäftigte bei den Freien Trägern, Privatschulen und anderen privaten Bildungseinrichtungen in der GEW BERLIN. Der erste bundesweite Tarifkampf, der von Klaus maßgeblich mit organisiert wurde, fand in den 80er Jahren bei Berlitz Sprachschulen statt. Berlin war mit einer ganzen Reihe von Schulen ein Schwerpunkt der Auseinandersetzungen. Nach der Durchsetzung von Betriebsräten – gegen erbitterte Widerstände – kam es zu einem lang anhaltenden Tarifkampf, an dessen Ende der erste Tarifvertrag mit einer der großen Sprachschulen stand. Konsequent stand Klaus für eine gewerkschaftliche Linie von »kämpfen und verhandeln«.

1990 standen die GEW BERLIN – und Klaus – vor neuen Herausforderungen. Sie war plötzlich nicht nur die Bildungsgewerkschaft für Westberlin, sondern musste fast über Nacht in den Ostbezirken Fuß fassen. Dort gab es zunächst weder Personalräte noch funktionierende GEW-­Gruppen an Schulen, Hochschulen oder Kitas.

In kürzester Zeit mussten vier Personalratswahlen organisiert, Wahlvorstände und Kandidat*innen geschult und Wahlen möglichst unfallfrei durchgeführt werden. Die Kommunikation funktionierte mangels Telefon und Faxgerät durch direkten Kontakt. Informationen wurden »abgenudelt« und mit Klaus altem, klapprigen Opel verteilt, bei Bedarf auch bis nach Brandenburg. Auch in dieser Situation behielt Klaus immer die Nerven und seinen trockenen Humor.

Klaus unterstützte und schulte aber nicht nur GEW-Personal- und Betriebsräte. Er war sehr viele Jahre Betriebsratsvorsitzender der Beschäftigten in der GEW BERLIN. Viele Betriebsvereinbarungen tragen noch immer seine Handschrift.

Ein besonderes Erlebnis war das Arbeitszimmer von Klaus. Es lag im Dachgeschoss links neben der Treppe. Sein Schreibtisch, überhaupt alle waagerechten Flächen, einschließlich des Fußbodens, waren übersät mit Stapeln von Papieren, die von Jahr zu Jahr wuchsen. Darüber stand meist eine dicke Rauchwolke. Er nannte sein Ordnungsprinzip »die Vulkanmethode«. Besucher*innen kamen häufig und immer mit dringenden Fragen zu ihm. Betraten sie sein Büro, gaben sie die Hoffnung auf eine schnelle Antwort manchmal auf. Zu Unrecht. Zielsicher griff Klaus nach Klärung der Fragestellung in irgendeine Sedimentschicht und zog das zur Fragestellung passende Rundschreiben, Info oder Urteil heraus. Sein Überblick im scheinbaren Chaos war legendär.

Wir vermissen ihn.    

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
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