Sozialpädagogik
Mann am Herd löst Staunen aus
Erzieher*innen werden bei der Arbeit mit den Geschlechtervorstellungen von Kindern konfrontiert. Sie können diese Vorstellungen aufgreifen und zum Nachdenken über Geschlechternormen beitragen.
Ich stehe in der Küche und brutzele die Knoblauchwurst, um die Kinder zum Mittagessen zu überraschen. Plötzlich werde ich von diversen Jungen meiner Gruppe gefragt, warum ich als Mann denn kochen würde. Das würden doch nur Frauen machen. Diese Situation veranlasste uns, den Vorurteilen der Kinder pädagogisch entgegenzuwirken.
Zum einen spielten die Kolleg*innen zum Karnevalsfest mit ihrer geschlechtlichen Selbstdarstellung. Es wurden andere Verkleidungsformen als die üblichen Cowboy und Prinzess*innenVerkleidungen ausgewählt. Männer verkleideten sich als Frauen und Frauen verkleideten sich als Männer. Das führte nicht nur bei den Kindern zu Lachern. Auch die Eltern waren beeindruckt und wurden zur Reflexion veranlasst.
Zum anderen führten wir mit den Kindern ein Projekt durch mit dem Ziel, Sensibilität für Geschlechterrollen zu schaffen und klassische Rollenbilder altersgerecht zu hinterfragen. Wir stellten den Kindern Fragen über ihre Vorstellungen von rollenkonformen Aufgaben für Männer und Frauen. Wir erarbeiteten mit den Kindern biologische Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Männern und Frauen. Außerdem entwickelten die Kinder durch das Projekt ein positives Selbstbild. Dieses Projekt hatte eine sehr positive Wirkung auf die frühe Entwicklungsphase der beteiligten Kinder.
Doch auch außerhalb des Projektrahmens wurden tagtägliche Situationen zur Gelegenheit für den Austausch über Geschlechterrollen genutzt. Dass ich als Mann in der Küche stand und es von Seiten der Kinder zu entsprechenden Kommentaren kam, war sicherlich so ein Anlass. Wohlgemerkt arbeite ich in einer Kita, in der es üblich ist, dass ein Mann für die Kinder kocht. Dennoch verwunderte es sie sehr.
Es braucht ein neues Bauchgefühl
Die Geschlechterforschung beschreibt Kinder im Alter von vier bis sieben Jahren als sehr rigide im Umgang mit ihrer Geschlechteridentität. Der gelebte Alltag in den Familien wird sicherlich dazu beitragen, dass sich Geschlechterrollen reproduzieren. Mit diesem Projekt gelang es einem kleinen Erzieher*innenteam, das Rollenverständnis der Kinder ein wenig zu reflektieren.
Die positive Besetzung des Mannes und der von einem Mann ausgefüllten Alltagsaufgaben kann nur durch die Anwesenheit von Männern in Kitas erreicht werden. Ich möchte keine Quotierung in Form einer paritätischen Besetzung vorschlagen. Das Team soll pädagogisch tätig sein und den Kindern keine Idealfamilie vorleben. Aber ich merke im Laufe meiner Berufsjahre, dass die Anwesenheit von Männern in Kitas die Gesamtsituation verändert. Es kommt fast automatisch zu einem genaueren Hin sehen bei verschiedenen Fragen wie etwa dem Tragen von schweren Gegenständen, der Benutzung von Gemeinschaftstoiletten oder dem Wickeln von Kleinkindern. So beschäftigen sich alle Beteiligten, die Pädagog*innen, die Kinder, die Eltern, und sogar die Träger mit auftretenden Fragen. Und entwickeln ein Bauchgefühl, auf das man Einfluss nehmen kann.
Es bleibt dabei. Männliche Erzieher in Kitas sind noch immer nicht verbreitet. Wir alle sollten daher bei Gelegenheit für den Erzieherberuf werben.