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Standpunkt

Rassismus ist das Problem

Die rassistische Gewalt gegenüber Berliner Schüler*innen zeigt erneut, dass Rassismus von der Politik nicht angemessen bekämpft wird.

Foto: Fotostudio Charlottenburg

Immer mehr Kinder werden Opfer von rassistischer Gewalt. Die Politik bekämpft Rassismus nicht wirksam und die öffentliche Empörung verpufft nach einigen Tagen. Bei der Auseinandersetzung mit rassistischen Vorfällen wird der konkrete Fall meist nach einem bestimmten Muster analysiert. Erstens: Was war der Auslöser für den Übergriff? War es beispielsweise die Kette mit Davidstern eines Schülers oder das Kopftuch einer Schülerin? Zweitens: Was ist konkret vorgefallen? Und als Drittes erfolgt eine Bewertung des Vorfalls. Bei Vorfällen, die Schwarzen Personen, Indigenen Menschen und People of Color (BIPoC) zugeschrieben werden, bewerten schnell selbsterklärte Expert*innen mit rassistischen Verallgemeinerungen die Situation. Zudem werden Forderungen nach restriktiven Maßnahmen geäußert; der Staat müsse mehr durchgreifen, es brauche erhöhte Polizeipräsenz und härtere Strafen.

 Wir sind geprägt von unserer Geschichte. Nie wieder Faschismus! Weil nicht sein kann, was nicht sein darf, wird Rassismus verdrängt. Aber Rassismus ist allgegenwärtig und Menschen werden nicht angegriffen, weil sie Rassismus triggern, sondern weil Rassist*innen sie entmenschlichen und die gewaltbereite Konfrontation suchen. Sie haben ein Bild von der Gesellschaft – das der weißen Familie aus der Nutella-Werbung – welches nicht der Realität entspricht. Dieses wird zur vermeintlichen Norm erklärt, die es gegenüber allem zu verteidigen gilt, was davon abweicht. Staatliche Strukturen befeuern teilweise rassistische Zuschreibungen. Die Senatsbildungsverwaltung erklärt in der Schülerförderungsverordnung, dass es bei einem überdurchschnittlichen Anteil von Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache – definiert mit 40 Prozent – Personalzuschläge gäbe. In einigen Bezirken liegt aber der Anteil dieser Kinder bei über 70 Prozent. Das heißt, Mehrsprachigkeit ist die Norm und keine Abweichung dieser. Auf den Gewaltmeldebögen der Schulen gibt es keine expliziten Ankreuzkästchen für Rassismus, aber für die vermeintliche Herkunft der Tatverdächtigen und Opfer. Auf den Seiten der Senbjf kann abgelesen werden, wieviel Prozent der Schüler*innen der jeweiligen Schulen nichtdeutscher Herkunftssprache sind. Ein Paradebeispiel für Othering-Prozesse.

Rassist*innen sind jedoch klar Täter*innen und keine Opfer. Die Rufe nach Verständnis relativieren und verhöhnen deshalb die wahren Opfer, die nicht als solche anerkannt werden. Diesen Menschen wird nämlich meist unterstellt, dass sie die Täter*innen sind, diejenigen, die Probleme verursachen und die Harmonie der Nutella-Familien stören. Eigene verinnerlichte Rassismen gegenüber BIPoC Menschen erschweren zudem Empathie. Betroffene brauchen Räume, in denen sie sich öffnen, Schwäche zeigen können und Solidarität erfahren. Nach dem rassistischen Angriff auf eine Kreuzberger Klasse wurde gefragt, ob sich die Kinder vor Ort daneben benommen hätten oder die Täter alkoholisiert waren. Die Lehrkraft wurde beschuldigt, sie hätte im Vorfeld die Ortschaft auf rechtes Gewaltpotenzial prüfen müssen. Diese Fragen sind aber irrelevant, denn Fakt ist: Die Schüler*innen und Kolleg*innen sind Opfer von rechter Gewalt geworden. Rassismus ist das Problem und es ist Zeit, das Problem anzugehen!

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46