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Recht & Tarif

Schlechtere Arbeitsbedingungen sind nicht hinnehmbar

Studentische Beschäftigte an außeruniversitären Forschungseinrichtungen organisieren sich gewerkschaftlich.

Foto: Maximilian Thalheim

Mittlerweile gibt es in zahlreichen Städten Initiativen für einen Tarifvertrag der studentischen Beschäftigten (TVStud), um einen bundesweit geltenden Tarifvertrag für studentische Beschäftigte an Hochschulen zu erkämpfen. Nun gibt es auch eine Initiative zur Organisierung der studentischen Beschäftigten an den über 70 außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Berlin. Deren Arbeitsbedingungen sind zum Teil deutlich schlechter als bei tarifierten Kolleg*innen an den Hochschulen.

In unserer bisherigen Arbeit haben wir festgestellt, wie selektiv die Umsetzung der bestehenden Tarifverträge oder die Orientierung an ihnen aussehen kann. Die meisten Forschungseinrichtungen orientieren sich am Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TV Stud III). Gemeint ist damit jedoch lediglich das Entgelt in Höhe von 12,96 Euro pro Stunde. Die zusätzlichen Regelungen zur Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, zu Zeitzuschlägen, der erweiterten Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie zu Erholungs- und Sonderurlaub bleiben außen vor.

Teilweise ergeben sich sogar innerhalb eines Institutes unterschiedliche Arbeitsbedingungen für studentische Beschäftigte, je nachdem, aus welchem Topf sie bezahlt oder für welches Projekt sie angestellt werden. Der Kreativität der Personalabteilungen ist in der Ausgestaltung und Auslegung der Arbeitsverträge offenbar keine Grenze gesetzt. So werden die Belegschaften gespalten, was ihre Möglichkeiten, sich zu organisieren, einschränkt.

Das Land Berlin ist besonders kreativ bei der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen vorgegangen. So untersagte die Senatskanzlei für Wissenschaft und Forschung den außeruniversitären Forschungseinrichtungen 2020 die Anwendung der im TV Stud III vorgesehenen Leistungen mit Verweis auf das Besserstellungsverbot, weil der Angleichungs-Tarifvertrag weiterhin den TV Stud II und damit faktisch Landesmindestlohn für studentische Beschäftigte des Landes Berlin vorsieht.

 

Hürden für die Organisierung

 

Das von der Politik konstruierte Narrativ, wonach es sich bei studentischen Beschäftigten gar nicht um Beschäftigte, sondern um Lernende handeln würde, gehört in das Reich der Märchen. Nicht nur an den Hochschulen, sondern auch an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen leisten wir unseren Beitrag zu den Errungenschaften von Wissenschaft und Forschung wie alle anderen Beschäftigtengruppen auch. Unsere Arbeitsbedingungen werden unserer Arbeitsleistung jedoch nicht gerecht. Das drückt sich mittlerweile auch in der sinkenden Bereitschaft zur Aufnahme einer Tätigkeit als studentische Beschäftigte – vor allem in den Naturwissenschaften – aus, wie die übertarifliche Bezahlung an ersten Lehrstühlen der TU zeigt.

Eine Hürde für die Organisierung der Beschäftigten ist die Tatsache, dass Wissenschaft von vielen als Ideal und nicht als Arbeit verstanden wird. Die gewerkschaftliche Organisierung in der Wissenschaft braucht eine Perspektive, um neue Kolleg*innen zu gewinnen. Der dezentrale Hochschulaktionstag am 20. November 2023 liefert hierfür eine Grundlage, auf die weiter aufgebaut werden muss. Von der Politik haben wir nichts zu erwarten. Wir müssen die Gestaltung unserer Arbeitsbedingungen selbst in die Hand nehmen – gewerkschaftliche Solidarität ist das Mittel zum Erfolg!

Aufgrund der kurzen Laufzeiten der Arbeitsverträge wäre eine Vertrauensleutestruktur wichtig, um die gewerkschaftliche Arbeit in den Forschungseinrichtungen zu verstetigen. Beschäftigte können die Unterschiede in den Arbeitsverträgen nutzen, um mit ihren Kolleg*innen ins Gespräch zu kommen und auf Grundlage der geschaffenen Transparenz Verhandlungen mit der Institutsleitung aufnehmen. Die Tatsache, dass viele Forschungseinrichtungen den TV-L oder TVöD anwenden und sich alle daran orientieren, kann perspektivisch für einen Branchentarifvertrag genutzt werden, in den die studentischen Beschäftigten vollwertig aufgenommen werden.

Link zum Telegram Channel der Initiative: http://t.me/shk_aus

 

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46