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Standpunkt

Strukturelle Problemverschiebung

Pädagogische Unterrichtshilfen sollen die Lücken des Personalmangels füllen – und werden dabei unterbezahlt und allein gelassen

Foto: Adobe Stock

Knapp 1.000 Lehrkräftestellen waren zu Schuljahresbeginn unbesetzt. Der Lehrkräftemangel soll nun kurzfristig durch einen Kunstgriff ausgebügelt werden – Stellenumwandlungen. Im Sinne der Beschäftigten und der Schüler*innen ist das wohl kaum.

Strukturelle Umwandlung heißt das neue Zauberwort im Schulbetrieb. Anstatt der fehlenden Lehrkräfte werden unter anderem vermehrt Pädagogische Unterrichtshilfen (PU) eingestellt, um Schüler*innen in Förderzentren und im gemeinsamen Unterricht zu unterrichten. Konkret bedeutet das, dass sich zahlreiche Erzieher*innen auf die Stellen als PU bewerben, motiviert und voller Engagement, um die Chance zu bekommen, sich in einem neuen Arbeitsfeld beziehungsweise einer anderen Funktion weiterentwickeln zu können. Die Kandidat*innen sind teilweise seit Jahren in der Praxis tätig, manche haben Leitungserfahrung und ebenso Erfahrungen im Umgang mit Kindern mit Förderbedarf.

Nun sollte logischerweise davon ausgegangen werden, dass eine solch verantwortungsvolle Aufgabe, nämlich das Unterrichten und die Förderung von Schüler*innen mit Förderbedarfen im Bereich der geistigen und körperlichen Entwicklung in der Hand von gut qualifizierten Fachkräften liegen sollte – und dann selbstverständlich gut vergütet werden muss! Die Wartelisten für die Weiterbildung sind so lang, dass die gerade mal 50 Plätze für das kommende Jahrzehnt bereits ausgebucht wären. Anstatt die Plätze aber auszubauen, wurden sie kürzlich von der Senatsbildungsverwaltung um die Hälfte zusammengestrichen. Nur auf Druck der GEW mit politischer Unterstützung aus einigen Fraktionen konnte eine Rücknahme der Kürzungen erwirkt werden.

Hat es eine*r Bewerber*in dann endlich auf eine Stelle als PU geschafft, hält der Blick auf die Lohnabrechnung eine Überraschung bereit: Bis zu 1.400 Euro brutto weniger monatlich, zusätzlich Abstriche bei der Jahressonderzahlung! Warum? Weil die Arbeitserfahrung als Erzieher*in unberücksichtigt bleibt. Mit dem Wechsel in die Tätigkeit der PU gelten sie tarifrechtlich als Berufsanfänger*innen. Was also für Erzieher*innen zunächst wie die Möglichkeit der beruflichen und auch monetären Weiterentwicklung wirkte, wird so zum Verlust. Aber das ist kein Naturgesetz. Die Pädagogischen Unterrichtshilfen in der GEW BERLIN fordern seit Jahren lautstark in jeder Tarifrunde: Eingruppierung der PU in EG 10!

PU sind für die Umsetzung der Inklusion dringend benötigte Fachkräfte, die Wertschätzung und anständige Bezahlung verdienen. Stattdessen dienen PU dem Senat bisweilen als Lückenbüßer auf unbesetzten, umgewandelten Lehrkräftestellen, vertreten Unterricht in ganzen Klassen, obwohl sie dies laut Arbeitsvertrag nicht müssten. Mit ihrer Eingruppierung in E9a oder E9b geschieht die Umsetzung der Inklusion zum Dumpingtarif. Wir fordern: EG 10 für Pädagogische Unterrichtshilfen! Weiterqualifizierung ausbauen! Aufstiegsmöglichkeiten schaffen! Und endlich eine Ausbildungsoffensive und einen Tarifvertrag Gesundheitsschutz, der mit kleineren Klassen die Arbeitsbelastung reduziert. Schluss mit dem Rotstift für den Bildungsbereich.       

Kontakt
Markus Hanisch
Geschäftsführer und Pressesprecher
Telefon:  030 / 219993-46