Ja – leider führt der gravierende Mangel an ausgebildeten Lehrkräften dazu, dass vor allem in den letzten zwei Jahren sehr viele Menschen als Lehrer*innen eingestellt wurden, die weder ein Lehramtsstudium absolviert, noch ein passendes Fach studiert haben. „Lehrer ohne volle Lehrbefähigung“ = LovL. Damit das etwas schöner klingt, spricht die Senatsverwaltung für Bildung jetzt lieber von „Seiteneinsteiger*innen“. Besser ist es damit nicht geworden.
Was sind die Probleme?
Wie konnte es so weit kommen?
Die Berliner Schulen sind auf dem Papier nur zu 100 % mit unbefristetem Personal ausgestattet. Wird jemand krank oder bekommt ein Kind, entsteht sofort Vertretungsbedarf. Der Mangel an ausgebildeten Lehrkräften hat diese Situation zusätzlich verschärft. Die Schulleitungen bedienen sich dann aus der Datenbank für Vertretungslehrkräfte und / oder sind froh über Bewerber*innen, die sich direkt an sie wenden. Schwups – befristet eingestellt. Wer gute Arbeit macht, bekommt den nächsten Fristvertrag usw. Ist für die Schulleitungen überaus bequem, weil LovL keine berufsbegleitende Ausbildung machen müssen bzw. dürfen und damit „voll“ zur Verfügung stehen.
Dauerhaft Lehrer*in dritter Klasse?
LovL oder Seiteneinstieg ist im Moment nichts Anderes als prekäre Beschäftigung! Es gibt zwar Fortbildungsangebote und zum Teil auch Mentoring – aber keine berufsbegleitenden Qualifizierungsangebote, die irgendwann zur vollen Anerkennung als Lehrer*in führen. Entfristung eines Vertrages ist wie Lottospielen.
Schulleitungen wecken Hoffnungen und versprechen viel. Wer sich auf diesen Weg einlässt, muss aber wissen, dass er in eine berufliche Sackgasse führen kann.
Was macht die GEW?
An erster Stelle steht für die GEW BERLIN die Stärkung der Lehrer*innenbildung in den Universitäten. Viel zu spät wurde die Zahl der Studienplätze (gerade für die Grundschule) erhöht. Frühestens 2025/26 werden voraussichtlich wieder mehr voll ausgebildeten Lehrer*innen zur Verfügung stehen.
Die GEW BERLIN hat es bereits 2004 durchgesetzt, dass der „Quereinstieg“ von Hochschulabsolvent*innen, die mindestens ein für die Schule geeignetes Studienfach mitbringen, zwingend mit der berufsbegleitenden Ausbildung und dem Lehramtsreferendariat mit Staatsprüfung verbunden ist. Am Ende steht die volle und bundesweit anerkannte Lehramtsbefähigung. Bei allen Problemen ist das eine gute Grundlage für die Sicherung der Unterrichtsqualität in Zeiten des gravierenden Lehrkräftemangels.
Die GEW BERLIN ist als Bildungsgewerkschaft für alle Lehrkräfte da, auch für diejenigen ohne volle Lehrbefähigung (LovL) bzw. Seiteneinsteiger*innen. Solidarität ist eine der Leitplanken des gewerkschaftlichen Handelns. Dazu gehören gegenseitiger Respekt, Unterstützung und Wertschätzung in diesem schwierigen Beruf.
Die GEW BERLIN fordert von der Senatsbildungsverwaltung, dass LovL bzw. Seiteneinsteiger*innen für den Beruf Lehrer*in qualifiziert werden. Die konkreten Vorschläge und Forderungen der GEW BERLIN sind hier zu finden.